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Gleichstellung von Jungen und Mädchen unterschiedlicher Herkunft in der Schule

Gleichstellung von Jungen und Mädchen unterschiedlicher Herkunft in der Schule: Ergebnisse wissenschaftlicher Studien

Wer Gender in die Bildungsplanung integriert, muss Mädchen und Jungen gleichermaßen und unterschiedlichen Mädchen und unterschiedlichen Jungen in gleichberechtigter Weise den Zugang zu Bildung und damit zu Lebenschancen eröffnen. Wie wirken sich welche Unterschiede aus?

Anzeichen: Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund erreichen in deutschen Schulen deutlich geringere Bildungserfolge als die Gleichaltrigen ohne Migrationshintergrund. Indikatoren dafür sind:

  • überproportional hoher Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund bei Schulentlassenen mit und ohne Hauptschulabschluss und ihr überproportional geringer Anteil bei den Absolventinnen und Absolventen mit Realschulabschluss und mit Hochschulreife,
  • überproportional geringer Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund bei Empfehlungen von der Grundschule auf das Gymnasium,
  • überproportional hoher Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund an Nichtversetzungen in allen Schulstufen und –formen,
  • überproportional hoher Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund an Überweisungen an Sonderschulen für Lernbehinderte.
Die Rolle der Schulen: Es ist nicht geklärt, was oder wer genau für die schlechteren Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Deutschland verantwortlich zu machen ist. Das Program for International Student Assessment (PISA) 2000 betont die Rolle der Schule bei der Vermittlung von Sprache und konstatiert hier Defizite. Ca. 70 Prozent der Jugendlichen mit Migrationshintergrund in der PISA-Stichprobe haben ihre gesamte Schulzeit in Deutschland absolviert – doch ist ihre auch für alle anderen akademischen Domänen maßgebliche Lesekompetenz sehr schwach ausgeprägt. Für die herausragende Rolle der Schule sprechen auch die Hinweise darauf, dass Eltern mit Migrationshintergrund die Entscheidung über den tatsächlichen Bildungsweg zunehmend ihren Kindern selbst überlassen und dabei keine Unterschiede zwischen Töchtern und Söhnen machen.

Datenmangel: In der Bundesrepublik gibt es bislang keine amtlichen repräsentativen Daten, die differenzierte Aussagen über die Zusammenhänge von Geschlecht und Bildungsbeteiligung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund erlauben. Hier besteht dringender Forschungsbedarf. Eine Schließung der Datenlücken ist für eine sinnvolle, zielgruppendifferenzierte Bildungspolitik, die auch die Strategie des Gender Mainstreaming integriert, unbedingt erforderlich.

Kombinierte Diskriminierung: Zugewanderte leben häufiger als Nichtgewanderte in prekären ökonomischen Verhältnissen. Angesichts der Tatsache, dass (auch) für deutsche Kinder und Jugendliche laut PISA, der Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU) und dem nationalen Grundschulvergleich von 6 Bundesländern (Iglu-E) ein Zusammenhang zwischen der Herkunft aus einer bestimmten sozialen Schicht und dem Bildungserfolg besteht, liegt hierin ein Anzeichen kombinierter Diskriminierung. Die Studien kamen zu folgenden Ergebnissen:

  • Nur ein Drittel der deutschen Viertklässler, die sehr gute Leistungen erbringen, werden auf die Real- oder Hauptschule empfohlen.
  • Die Chance eines Kindes aus "gutem Elternhaus" auf eine gymnasiale Empfehlung ist durchschnittlich mehr als zweieinhalb Mal höher als die eines Kindes aus einer sozial schwächeren Schicht - bei gleicher Kompetenz.
  • 90 % der Studierenden an Hochschulen stammen nicht aus Arbeiterfamilien.
  • In Deutschland ist der Unterschied in der mittleren Lesekompetenz zwischen 15-Jährigen aus Familien des oberen Viertels und Familien des unteren Viertels der Sozialstruktur von 32 untersuchten Ländern am größten.

Quellen:

Artelt, Cordula, et al. (Hg.): PISA 2000 - Zusammenfassung zentraler Befunde, Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Berlin 2001

Bos, Wilfried et al. (Hg.): Erste Ergebnisse aus IGLU - Schülerleistungen am Ende der vierten Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich, Waxmann 2004.

Bos, Wilfried et al. (Hg.): IGLU - Einige Länder der Bundesrepublik Deutschland im nationalen und internationalen Vergleich, Waxmann 2004.

Bundesministerium des Innern (Hg.): Bericht der Unabhängigen Kommission "Zuwanderung" , Berlin 2001.

Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (Hg.): Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund (Gutachten), Heft 107, Bonn 2003.

Hewartz-Emden, Leonie, Westphal, Manuela: Akkulturationsstrategien im Generationen- und Geschlechtervergleich bei eingewanderten Familien, in: Sachverständigenkommission 6. Familienbericht (Hg.): Familien ausländischer Herkunft in Deutschland: Empirische Beiträger zur Familienentwicklung und Akkulturation. Materialen zum 6. Familienbericht, Band 1, Opladen 2000.

Program for International Student Assessment (PISA)
Artelt, Cordula, et al. (Hg.): PISA 2000 - Zusammenfassung zentraler Befunde, Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Berlin 2001.


 
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