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Steuern

Finanzen: Gender-Aspekte Steuern

Konsum: Indirekte Verbrauchssteuern (wie z.B. Mehrwertsteuer) belasten Geringverdienende mehr als Besserverdienende, da diese Steuern von den anteiligen Haushaltsausgaben für Konsumgüter abhängig sind. Personen, die niedrige Einkommen beziehen, müssen anteilig an ihrem Einkommen mehr indirekte Steuern für Konsumgüter aufwenden. Wer z.B. für seinen Lebensunterhalt permanent sein gesamtes Einkommen einsetzen muss, zahlt anteilig an diesem Einkommen z.B. die 16% MwSt. Wer nur 70% seines Einkommens für den Verbrauch ausgibt und den Rest anspart, zahlt anteilig an seinem Einkommen weniger (Verbrauchs-)Steuern. Da in den unteren Einkommensklassen überwiegend Frauen, in den höheren Einkommensklassen eher Männer zu finden sind, sind Verbrauchssteuern nicht geschlechtsneutral. Gender Mainstreaming hilft, geschlechtsspezifische Steuerbelastungen zu erkennen und ihre Erhebung zu überdenken.

Mobilität I: Flugbenzin wird (im Gegensatz zu anderen Kraftstoffen) nicht besteuert. Die Kosten dieser nicht vorhandenen Steuereinnahmen trägt die Allgemeinheit. Vom unbesteuertem Flugbenzin profitieren hingegen die Personen, die oft fliegen, da der Flugpreis geringer ausfällt. In der Regel fliegen Besserverdienende und spezielle Berufsgruppen (wg. spezieller Arbeitsanforderungen) häufiger als Geringverdienende. In der Kategorie der Besserverdienenden und in den Berufsgruppen, die überwiegend arbeitsbedingt fliegen, sind Männer überproportional vertreten, unter den Geringverdienenden Frauen. Bei der Nicht-Besteuerung von Flugbenzin handelt es sich demnach implizit um eine Umverteilung von Geringverdienenden zu Besserverdienenden.

Mobilität II: Die Pendlerpauschale ist ein steuerlicher Mobilitätszuschuss, bzw. eine Abschreibungsmöglichkeit, die die persönliche Einkommens- oder Lohnsteuerlast senkt. Sie begünstigt Bezieher höherer Einkommen (Kloas/Kuhfeld 2003), und damit- einerseits bedingt durch das geschlechtsspezifische Lohngefälle und andererseits bedingt durch die unterschiedliche Nutzung von Verkehrsmitteln - vorwiegend Männer. Wie müsste ein steuerlicher Mobilitätszuschuss konstruiert sein, der sich an vielfältigen Mobilitäts- und Erwerbsverhalten orientiert?

Mobilität III: Die Kraftfahrzeugsteuer wird anhand des Hubraumes und anhand der Abgaswerte bemessen, d.h. je größer der Hubraum und je höher die Emissionsbelastung desto höher die Steuer. Zwei Aspekte dazu: einerseits besitzen überwiegend Männer Autos mit großem Hubraum und viel PS, andererseits sind diese Wagen meist neu und haben gute Emissionswerte. Frauen besitzen meistens (wenn überhaupt), auf Grund ihres häufig geringeren Einkommens, Autos mit geringerem Hubraum und wenig PS, aber mit schlechten Emissionswerten. Die Koppelung an Emissionswerte geschieht aus umweltorientierten Gründen. Hingegen ist für den Kraftstoffverbrauch und damit für die Emissionen nicht der Hubraum, sondern die PS/kW-Zahl ein relevanter Maßstab. Gender Mainstreaming hieße, gender- und umweltbewusste Aspekte in der Kraftfahrzeugsteuer zusammenzuführen.

Steuerreformen: Steuersenkungen bedeuten unabhängig von ihrer Ausgestaltung Einnahmeeinbußen für den Staat und erzeugen damit zwangsläufig Einsparungen bei öffentlichen Ausgaben. Dies geschieht in den meisten Fällen zu Lasten der sozialen Sicherungssysteme, wodurch bisher staatliche Absicherung in die Privatsphäre zurückverwiesen wird. Frauen haben in der überwiegenden Zahl nicht die finanziellen oder materiellen Ressourcen, diese Rückverweisung selbständig zu übernehmen, Männer hingegen schon. Das liegt u.a. am geschlechtsspezifischen Lohngefälle, welches Frauen weniger Spielräume ermöglicht, sich privat abzusichern. Gender Mainstreaming bei Steuerreformen hieße, Einsparungen differenziert und gerecht zu verteilen, ohne dass dabei einseitige Schlechterstellungen erzeugt werden.

Kinderarmut: Mit dem Familienlastenausgleich soll Armutsrisiken von Kindern entgegengewirkt werden. Der aktuelle Kindergeldbetrag reicht dennoch nicht aus, Sachkosten, die bei der Kindererziehung entstehen, abzudecken, bzw. das Existenzminimum zu sichern (Schratzenstaller 2002). Bei Geringverdienenden und Erwerbslosen, unter denen Frauen überproportional vertreten sind, reicht somit das Kindergeld nicht aus, kinderbedingte Armut zu vermeiden. Gender Mainstreaming im Familienlastenausgleich würde bedeuten kinderbedingte Armutsrisiken durch Realtransfers zu verhindern und durch begleitende Maßnahmen wie z.B. mehr Kinderbetreuungseinrichtungen eigenständige soziale Sicherungen zu ermöglichen.

Steuerabschreibungen: Steuerabschreibungen können vor allem von großen Unternehmen und Besserverdienenden plausibel gemacht werden. Insbesondere bei einem progressiven Steuertarif steigt der Nutzen bei höheren Einkommen. Kleinunternehmende und Geringverdienende können ihre Ausgaben nur unterproportional geltend machen. Frauen sind bei Besserverdienenden unterrepräsentiert, ihnen gehören seltener Großunternehmen, d.h. ihnen kommen Steuerabschreibungen nur minimal zu Gute.


Literaturhinweise:

  • Andreß, Hans-Jürgen/ Borgloh, Barbara/ Güllner, Miriam: Wenn aus Liebe rote Zahlen werden - über die wirtschaftlichen Folgen von Trennung und Scheidung. Wiesbaden 2003.
  • Dackweiler, Regina-Maria/ Hornung, Ursula (Hg.): frauen - macht - geld. Münster 2003.
  • Färber, Christine / Spangenberg, Ulrike / Stiegler, Barbara: Umsteuern - Gute Gründe für ein Ende des Ehegattensplittings, WISO direkt - Analyse und Konzepte zur Wirtschafts- und Sozialpolitik, Friedrich-Ebert-Stiftung August 2008.
  • Kloas, Jutta/ Kuhfeld, Hartmut: Entfernungspauschale: Bezieher hoher Einkommen begünstigt. Aktuelle Ergebnisse zum Verkehrsverhalten privater Haushalte. In: DIW-Wochenbericht 42/2003, 20.10.2003.
  • Maier, Friederike/ Fiedler, Angela (Hg.): Gender Matters. Feministische Analysen zur Wirtschafts- und Sozialpolitik. Berlin 2002.
  • Schratzenstaller, Margit: Steuer- und transferpolitische Aspekte aktueller Familienpolitik. In: Maier, Friederike/Fiedler, Angela (Hg.): Gender Matters. Feministische Analysen zur Wirtschafts- und Sozialpolitik. Berlin 2002, S. 181-209.
  • Spangenberg, Ulrike: Neuorientierung der Ehebesteuerung: Ehegattensplitting und Lohnsteuerverfahren, Hans-Böckler-Stiftung 2005.
  • Wrede, Brigitta (Hg.): Geld und Geschlecht. Tabus, Paradoxien, Ideologien. Opladen 2003.
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