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Haushalts- und personenbezogene Dienstleistungen

Haushalts- und personenbezogene Dienstleistungen

Auf Grund der steigenden Erwerbstätigkeit von Frauen in den letzten 20 Jahren wird sowohl in Deutschland als auch in anderen Industriestaaten und schnell wachsenden Wirtschaftsregionen wie Singapur oder Hong Kong verstärkt unbezahlte Haus- und Familienarbeit an Anbieter und Anbieterinnen haushalts- und personenbezogener Dienstleistungen abgegeben.
Dies liegt zum einen an der nach wie vor geringen Beteiligung von Männern an der unbezahlten Arbeit in Haus und Familie, was zu einer Doppelbelastung von Frauen führt, sofern diese erwerbstätig sind. Zum anderen führt die Alterung der Bevölkerung zu einer verstärkten Nachfrage nach Pflegediensten und Haushaltshilfen, welche alte und kranke Menschen versorgen.

In Deutschland beschäftigten im Jahr 2000 knapp drei Millionen Haushalte regelmäßig eine Putz- oder Haushaltshilfe, von denen jedoch weniger als 40.000 uneingeschränkt sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren (vgl. Schupp 2002, 13). Wie im Rahmen einer Studie des International Monetary Fund (IMF) errechnet wurde, betrug der Anteil haushaltsbezogener Dienstleistungen am Bruttosozialprodukt in Deutschland Ende der neunziger Jahre 5,5 Mrd. DM (vgl. Lutz 2003, 255).
Eine Chance der vermehrten Abgabe von unbezahlter Haus- und Familienarbeit liegt in der Entlastung von bestimmten Frauen, welche einer Erwerbsarbeit nachgehen können, eine weitere liegt in der Schaffung neuer Arbeitsplätze. Allerdings ist die Art und Weise, wie und an wen die Haus- und Familienarbeit abgegeben wird, kritisch zu betrachten: Sowohl die Personen, welche haushalts- und personenbezogene Dienstleistungen in Anspruch nehmen, als auch die Menschen, die diese verrichten, sind fast ausschließlich Frauen. Während die Arbeitgeberinnen meist dem städtischen Mittelstand angehören, sind die Haushaltshilfen zu einem Großteil Migrantinnen (vgl. Lutz 2003, 255, Thiessen 2005, 7). Die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung und die fehlende Beteiligung von Männern bei der Haus- und Familienarbeit bleibt also bestehen. Zudem kommt es zu einer Arbeitsteilung unter Frauen entlang ethnizitäts- und schichtbezogener Kriterien.
Des Weiteren herrschen im Bereich der haushalts- und personenbezogenen Dienstleistungen oft prekäre Beschäftigungsverhältnisse. Meist findet die Beschäftigung in arbeitsrechtlicher Illegalität statt, zum Teil zusätzlich auch in aufenthaltsrechtlicher Illegalität. Insgesamt besteht ein hoher Regelungsbedarf.
Die Arbeit im haushalts- und personenbezogenen Dienstleistungsbereich wird trotz hoher Anforderungen an die Arbeit und hoher gesellschaftlicher Relevanz unterschätzt und erhält nur geringe gesellschaftliche Wertschätzung. Dies liegt an der Geschlechtsattributierung der Tätigkeiten. Qualifikationen, die für Putzen, Kochen, Kinderbetreuung o.ä. benötigt werden, werden als „typisch weibliche“ Qualitäten vorausgesetzt und somit nicht wie andere Qualifikationen mit Anerkennung versehen und entsprechend entlohnt.


Regelungen zur Förderung legaler Beschäftigung im Bereich haushaltsbezogener Dienstleistungen:
Seit Ende der achtziger Jahre hat es verschiedene Versuche gegeben, im Bereich der haushaltsnahen Dienstleistungen die legale Beschäftigung auszuweiten. Diese Versuche reichten von Haushaltsschecks über Steuervergünstigungen und Ermäßigungen bei den Sozialabgaben bis hin zu Dienstleistungspools, welche haushaltsnahe Dienstleistungen auf dem legalen Markt anbieten.
Seit April 2003 gilt, dass Privathaushalte, statt der ansonsten bei Minijobs üblichen Abgaben von 25%, bei der Inanspruchnahme einer haushaltsnahen Dienstleistung nur zu Abgaben von 12% verpflichtet sind. Die arbeitende Person muss bei einem Minijob bis 400 € monatlich gar keine Abgaben zahlen. Des Weiteren wird die legale Beschäftigung von Personen im haushaltsnahen Bereich steuerlich gefördert: Wird eine Person auf der Basis eines Minijobs im haushaltsnahen Bereich eingestellt, können 10% der Aufwendungen (bis zu 510 € jährlich), bei der Vermittlung der arbeitenden Person über eine Agentur bzw. einen Dienstleistungspool 20% der Aufwendungen (bis zu 600 € jährlich) von der Steuerlast abgezogen werden. Bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers im haushaltsnahen Bereich, welche über eine geringfügige Beschäftigung hinausgeht, können 12% (bis zu 2400 € jährlich) von der Steuerschuld abgezogen werden (vgl. EstG § 35a).

Zusätzlich zu diesen Regelungen hat es in den letzten Jahren verschiedene Modellversuche gegeben, bei denen so genannte Dienstleistungspools geschaffen wurden, welche sowohl die Nachfrage als auch das Angebot haushaltsnaher Dienstleistungen bündeln sollten. Auf diese Weise sollte nicht nur zu einer Verlagerung haushaltsnaher Dienstleistungen auf den offiziellen Markt, sondern auch zu einer Professionalisierung haushaltsnaher Dienstleistungen beigetragen werden. Zudem sollte der Aufbau von Dienstleistungspools die Schaffung sozialversicherungspflichtiger Teil- oder Vollzeitarbeit für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ermöglichen, welche haushaltsnahe Dienstleistungen – oft nur als geringfügige Beschäftigung - anbieten. Durch die Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen über Dienstleistungspools sollen allen Beteiligten Vorteile erwachsen: Dem Privathaushalt soll die Funktion als Arbeitgeberin abgenommen werden, der Haushaltshilfe eine sozialversicherte Vollzeit- oder Teilzeitbeschäftigung inklusive Urlaub, Bezahlung im Krankheitsfall etc. geboten werden. Die Dienstleistungspools wurden bei allen Modellprojekten subventioniert und konnten auch nur auf diese Weise haushaltsnahe Dienstleistungen zu Preisen anbieten, welche auf dem Markt Nachfrage erzeugten.
Während eine steuerliche Förderung legaler Beschäftigung im haushaltsnahen Bereich oder eine Förderung durch eine Reduktion der Sozialabgaben eine Ausweitung geringfügiger Beschäftigung unterstützt, eignen sich nur Dienstleistungspools dazu, in größerem Maße sozialversicherungspflichtige Teil- bzw. Vollzeitstellen zu schaffen. Allerdings bieten steuerliche Förderungen und die Reduktion von Sozialabgaben die Möglichkeit einer Legalisierung bereits bestehender Arbeitsverhältnisse auf dem informellen Markt.
Eine Professionalisierung haushaltsnaher Dienstleistungen wäre insgesamt wünschenswert, u.a. weil diese perspektivisch zu einer Aufwertung von Haus- und Familienarbeit führen würde.

JL

Weiterführende Literatur

erstellt von Administrator zuletzt verändert: 02.01.2010 20:05