Sie sind hier: Startseite GenderKompetenz 2003-2010 Handlungsfelder Personalentwicklung Personalbeurteilung

Personalbeurteilung

Leistungsbeurteilung

Leistungsbeurteilung ist ein zentrales Element in der Personalentwicklung. Sie dient der Personal- und Karriereplanung, legt Leistungsanteile des Entgelts fest und vermittelt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern betriebs- und organisationsspezifische Werte. Diese herausgehobene Stellung von Beurteilungsverfahren erfordert eine möglichst vorurteils- und diskriminierungsfreie Vorgehensweise. Als ungerecht wahrgenommene Beurteilungen ziehen oft Motivations- und Leistungsverluste nach sich. So führt eine negative Bewertung bei den Beurteilten in vielen Fällen erst zu einem entsprechenden Verhalten (sogenannte self-fulfilling-prophecies).

Leistungsbeurteilungen sind für geschlechtsspezifische Verzerrungen sehr anfällig. Zum einen fließen in die Bewertungsmerkmale gesellschaftliche und organisationsspezifische Erwartungen und Wahrnehmungsmuster sogenannte Stereotype ein, die bereits geschlechtsspezifisch geprägt sind. Dieser Effekt wird in der Regel durch die Fokussierung auf persönliche Eigenschaften als Bewertungsgegenstand verstärkt. Zum anderen unterliegt der Bewertungsprozess sehr stark subjektiven Färbungen durch die Bewertenden aber auch die Bewerteten. So ist die Bewertung in vielen Fällen nicht unerheblich von der Selbstwahrnehmung und Selbstdarstellung leistungsrelevanter Kriterien durch die Beurteilten abhängig. Beides führt häufig zu erheblichen Verzerrungseffekten mit den entsprechenden Konsequenzen für die Leistungserbringung.

Die Aufgabe einer diskriminierungsfreien Leistungsbeurteilung besteht darin, geschlechtsspezifische Färbung und Verzerrungen zu kontrollieren und zu vermeiden. Dabei stellen sich folgende Fragen:
  • Wie lassen sich Beurteilungsverfahren so gestalten, dass Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts vermieden werden?
  • Welche Bewertungskriterien ermöglichen eine geschlechtergerechte Erfassung?
  • Wie können Beurteilende und Beurteilte im Verfahren für ihre eigenen Wahrnehmungsmuster sensibilisiert werden?
Zur Überwindung diskriminierender Beurteilungen müssen Kriterien überarbeitet, Verfahren verändert und Beurteilende und Beurteilte für Gender-Aspekte sensibilisiert werden:

Überarbeitung von Kriterien
  • Überprüfung der gewählten Beurteilungskriterien hinsichtlich ihrer Anfälligkeit für stereotypisierende Interpretationen z.B. werden bei Kriterien wie „Leistungsbereitschaft“, „Kreativität“, „Kommunikationsfähigkeit“ usw. Frauen und Männern oft per se unterschiedliche Leistungsniveaus unterstellt
  • Schaffung transparenter Beurteilungskriterien, die traditionell weiblich wie männlich stereotypisierte Kompetenzen gleichermaßen und gleichgewichtig erfassen
  • Abrücken von einer Bewertung persönlicher Eigenschaften und statt dessen Betrachtung des tatsächlichen Verhaltens und konkreter Arbeitsergebnisse

Veränderung von Verfahren
  • Schaffung einer breiten Basis für die Beurteilung beispielsweise durch regelmäßige  Personal- und Zielvereinbarungsgespräche
  • Schaffung von Beteiligungsmöglichkeiten für Beurteilte im Rahmen des Beurteilungsverfahrens mit Widerspruchsmöglichkeiten
  • Gewährung von Unterstützungsleistungen für alle Beteiligten beispielsweise in Form externer Beratung
  • Beteiligung mehrere Personen am Beurteilungsverfahren – beispielsweise Betriebs- und Personalräte, Gleichstellungsbeauftragte, andere Mitarbeitende, Kunden und Kundinnen usw. (z.B: 360°-Feedback)
  • Einführung von Aufwärtsbeurteilung beispielsweise Führungskräfte-Feedback
  • Schaffung von paritätisch besetzten Gremien mit Kontrollfunktion

Sensibilisierung der Beteiligten
  • Sensibilisierung der Beteiligten für mögliche Geschlechterdiskriminierung (Awareness-Trainings) und Schaffung von Genderkompetenz durch Beratung und Fortbildung (Skill-Building-Trainings)
  • Robuste Evaluationsverfahren um geschlechtsspezifische Verzerrungseffekte möglichst zeitnah zu erkennen

Bewertungsblickwinkel
Leistungsbeurteilungen erheben in der Regel den Anspruch ein aussagekräftiges, objektives und vergleichbares Bild der Leistung und Befähigung von Beschäftigten zu erstellen. Damit dominiert eine selektive Sichtweise, die Belegschaften in erfolgreiche und weniger erfolgreiche Gruppen unterteilt. Diese Selektion ist mit Blick auf Geschlechteraspekte nicht unproblematisch. Insbesondere die in der öffentlichen Verwaltung gängige Quotenregelung, wonach beispielsweise nur etwa 25% der Beurteilten gut bzw. sehr gut bewertet werden dürfen, schafft ein hohes Frustrationspotential, da solche Regelungen fast zwangsläufig zu leistungsfremden Entscheidungen führen (Quoten-Effekt). Meist sind davon insbesondere jüngere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Benjamin-Effekt) sowie Frauen (Ähnlichkeits- oder Teilzeit-Effekt) betroffen.
Mit Blick auf die Erfüllung zukünftiger Aufgaben ist eine an den individuellen Stärken und Schwächen orientierte Beurteilung, die auf Entwicklungspotentiale Bezug nimmt, zielführender. So kommt auch das Bundesverwaltungsamt (siehe hierzu Vortrag von Giso Schütz) zu dem Schluss, dass für die Entscheidung über Personalentwicklungsmaßnahmen die Befähigungs- bzw. Potentialbeurteilung der wichtigere Teil ist. Die Vergleichbarkeit mit anderen tritt demgegenüber in den Hintergrund.


Ein Beispiel:
Die Gleichstellungsstelle für Frauen in München hat eine Studie zum Beurteilungssystem der Münchener Stadtverwaltung durchgeführt. Durch eine systematische Analyse der Statistiken von Beurteilungsergebnissen, der Beurteilungsrichtlinien, der Umsetzungspraxis, der Schulungsmaßnahmen und Arbeitshilfen wurde die vorab angenommene Geschlechtsneutralität widerlegt.

Wichtige Ergebnisse der Studie:
  • Weibliche Beschäftigte wurden auf allen Ebenen durchschnittlich schlechter beurteilt als männliche - in der Tendenz nahmen diese Unterschiede mit höheren Hierarchieebenen noch zu
  • Beurteilungsmerkmale „hervorragender“ Führungsfähigkeit waren in Richtlinien und Arbeitshilfen eindeutig männlich stereotypisiert (z.B. zeitlich voll verfügbar, souverän, durchsetzungsfähig, dynamisch) und in der männlichen Sprachform verfasst
  • Beurteilungsmerkmale und -eigenschaften „mittlerer“ Führungsfähigkeit waren deutlich weiblich stereotypisiert (z.B. freundlich, einfühlend, geduldig, verständnisvoll)
Daraus wurden Verbesserungsvorschläge zum Abbau von Benachteiligungen entwickelt und in einem mehr als 10jährigen Prozess umgesetzt, der bis heute anhält.

Umsetzungselemente zum Abbau von Diskriminierungen:
  • Abschaffung männlich dominierter Beschreibungshilfen und Erstellung neuer Leitfäden für die Beurteilung
  • Vereinfachung des Beurteilungsbogens und Einbeziehung sozialer Kriterien wie „Zusammenarbeit und Kommunikationsfähigkeit“
  • Verbot von Quoten für Prädikatsurteile und Durchschnittsbeurteilungen und Überprüfung der Einhaltung
  • Reflexion über den Einfluss von Geschlechterrollenstereotypen auf Beurteilungen im Rahmen von allgemeinen Fortbildungen für Beurteilende
  • Einführung eines partizipativen Beurteilungsverfahrens
  • Arbeitshilfe für Beurteilende und weibliche Beurteilte für das Entwurfsgespräch, in dem erste Ergebnisse kommuniziert werden, sowie Begleitung in das Vermittlungsgespräch, wenn keine Einigung erzielt werden kann
Literatur zur diskriminierungsfreien Leistungsbeurteilung

Hier finden Sie Angebote des GenderKompetenzZentrums und hier die Zusammenfassung und die Vorträge der Fachtagung "Gender Mainstreaming in der Personalentwicklung: Diskriminierungsfreie Leistungsbewertung im öffentlichen Dienst".



erstellt von Administrator zuletzt verändert: 02.01.2010 20:05