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Beurteilungskriterien

Diskriminierungsfreie Beurteilungskriterien

Zur Vermeidung geschlechtsspezifischer Diskriminierungen bei der Leistungsbeurteilung sind neben einem adäquaten Verfahren, wie es beispielsweise ein kommunikativer Beurteilungsprozess darstellt, diskriminierungsfreie Beurteilungskriterien ein weiteres wesentliches Element.

Oft nehmen Kriterien explizit oder implizit Bezug auf eine männlich bestimmte gesellschaftliche Norm, die alle anderen Lebensformen diskriminiert. So wird beispielsweise das Kriterium Engagement derart beschrieben, dass Personen mit familiären Verpflichtungen nur unter erheblichen persönlichen Opfern Spitzenbewertungen erreichen können. Ähnliches gilt für die Bewertung von Führungskompetenzen. Die Durchsetzung der eigenen Vorstellungen, ein sehr stark an der männlichen Norm orientiertes Konzept, wird meist für eine Spitzennote erwartet. Führen als Dienstleistung für die Mitarbeitenden im Sinne der Ermöglichung eines optimalen Arbeitsergebnisses weicht von dieser Norm ab und wird folglich eher zu einer mittleren Bewertung führen.

In einer konkreten Bewertungssituation entstehen Diskriminierungen zum einen dadurch, dass Frauen per se bestimmte mit Blick auf die Leistungsnorm eher schlechter bewertete Eigenschaften unterstellt werden. Daraus folgt, dass Arbeitsleistungen von Frauen oft nicht als Leistungen wahrgenommen werden. Zum anderen besteht die Gefahr, dass Personen (Frauen wie Männer) schlechter beurteilt werden, wenn sie Verhaltensweisen an den Tag legen, die eher Frauen zugesprochen werden.

In Beurteilungsgesprächen können sich für Frauen Nachteile ergeben, wenn die Beurteilenden nicht für geschlechtsspezifische Unterschiede sensibilisiert sind. Frauen schreiben Erfolgt oft günstigen Umständen oder der guten Teamarbeit zu, während Männer Erfolg sehr stark auf ihre persönlichen Fähigkeiten beziehen.

Sensibilisierung für geschlechterspezifische Stereotype
Bestehende Kriterien sind folglich daraufhin zu überprüfen, ob sie für geschlechtsspezifische Stereotypisierungen anfällig sind. Diese Gefahr besteht prinzipiell bei allen Kriterien, die zur Leistungsbewertung herangezogen werden, zumal der Bewertungsakt immer eine subjektive Zuschreibung bestimmter Eigenschaften auf einzelne Personen darstellt.

Wir plädieren daher für ein strukturiertes kommunikatives Beurteilungsverfahren und eine eingehende Sensibilisierung und Weiterbildung von Beurteilenden und Beurteilten. Dabei geht es um die Reflexion eigener Wahrnehmungsmuster mit dem Ziel, geschlechtsspezifische Vorurteile zu überwinden, um die Leistungen von Frauen und Männern adäquat beurteilen zu können.

Die folgende Übersicht fasst Stereotypisierungen und Lösungsvorschläge bei einzelnen Kriterien kurz zusammen. Ein Anspruch auf Vollständigkeit wird dabei nicht erhoben.

Einsatzbereitschaft – Meist wird unterstellt, dass eine Person im Bedarfsfall alle verfügbaren Ressourcen einsetzen soll, um den Arbeitsanfall zu bewältigen.
Vorschlag:
Mit Blick auf verfügbare Arbeitszeit und weitere Verpflichtungen die Beschreibung für Einsatzbereitschaft konkretisieren. Nicht grenzenlose Flexibilität als einzige positive Norm festlegen. Die Leistung ergibt sich aus der Intensität der Arbeit nicht der Anzahl der Überstunden.

Belastbarkeit – Belastungen in frauentypischen Arbeitsbereichen finden oft eine geringere Anerkennung.
Vorschlag:
Nicht nur zeitliche Belastungen sondern auch soziale Belastungen wie Umgang mit Konflikten, Mitarbeiter/innen und Kund/innen berücksichtigen.

Aufgabenverteilung – Männer bekommen häufiger anspruchsvollere Aufgaben zugewiesen.
Vorschlag:
Aufgabenzuschnitte überprüfen und die konkrete Aufgabenstellung in die Beurteilung einbeziehen.

Kommunikation – Frauen wird oft weniger Raum zur Darstellung ihrer Vorschläge und Arbeitsergebnisse zuerkannt.
Vorschlag:
Kommunikationsmuster überprüfen, beispielsweise durch Feedbackschleifen, um das Kommunikationsverhalten in Arbeitseinheiten zu überprüfen.

Teilzeitarbeit – Die Beurteilung basiert in der Regel auf dem Normalarbeitsverhältnis.
Vorschlag:
Auf Basis der Arbeitsplatzbeschreibung und des Aufgabenzuschnitts (Anforderungsprofil) sowie zentraler Arbeitsergebnisse beurteilen. Nicht nur die Anwesenheitszeiten berücksichtigen.

Führungskompetenz und Durchsetzungsfähigkeit – Die Durchsetzung von Entscheidungen gilt als Führungskompetenz und wird vorwiegend Männern zugewiesen.
Vorschlag:
Implizite Führungsnorm überprüfen. Nicht nur Durchsetzung sondern auch Vermittlungsfähigkeit als Führungskompetenzen ansprechen.

Entwicklungsfähigkeit – Frauen wird eine Familienorientierung, Männern eine Berufs- und damit eine Aufstiegsorientierung unterstellt.
Vorschlag:
Tatsächliche Befähigungen und Interessen berücksichtigen und nicht von gesellschaftlichen Erwartungsmustern ausgehen.

Genderkompetenz – Geschlechtsspezifische Vorurteile zu den Frauen und den Männern verhindern eine Vertiefung des Gender-Ansatzes.
Vorschlag:
Als Kriterium bei der Abfrage Führungskompetenzen beispielsweise wie folgt aufnehmen:
- geht auf Unterschiede der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Arbeitsprozess ein
- vermeidet geschlechtsspezifische Stereotype
- nimmt an Weiterbildungsmaßnahmen zu Gleichstellung und Gender Mainstreaming teil

Literatur

  • Fried, A., Wenzel, R., Baitsch, C.: Wenn zwei das Gleiche tun. Diskriminierungsfreie Personalbeurteilung, Zürich, 2000.
  • Jochmann-Döll, Andrea: Leistungsbeurteilung und Leistungsvergütung unter der Lupe; in: GiP, Heft 1, 2005, S. 7-9.
  • Krell, Gertraude: Chancengleichheit und Fairness in der Leistungsbeurteilung; in: Personalführung 11/2001, S. 38-43.
  • Schreyögg, F. (1998): Die Beurteilung der Leistung von Frauen und Männern ist nicht geschlechtsneutral; in: Verwaltung und Management 4. Jg., Heft 4, 1998, S. 341-344.
  • Schreyögg, F. (o.J.): Beurteilungshilfen: Gerecht beurteilen – Reflexionshilfen für EntwurfsverfasserInnen und BeurteilerInnen, München.
erstellt von Administrator zuletzt verändert: 02.01.2010 20:05