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Wissensmanagement für GM

Wissens- und Informationsmanagement für Gender Mainstreaming

Gender Mainstreaming (GM) braucht an den Schnittstellen zwischen Politik, Verwaltung und Wissenschaft neue Formen des Wissenserwerbs, der Kommunikation und des Wissensmanagements, weil bisheriges Wissen gleichstellungsorientiert überprüft und ggf. erweitert werden muss. Beispielsweise muss der Begriff „Gender“ adäquat vermittelt werden und darf nicht auf „die Männer“ und „die Frauen“ reduziert werden.
Beim Wissens- und Informationsmanagement für Gender Mainstreaming sind bei der Implementierung die Einführungsphase und der Übergang zur Regelpraxis zu differenzieren. In der Einführungsphase liegt der Hauptfokus bei der Information über die Strategie GM und deren Umsetzung sowie bei der Entwicklung von Gender-Wissen. Beim Übergang zur Regelpraxis – also wenn durchgängig gleichstellungsorientiert gehandelt wird – sollte mit einem Wissensmanagement bestehendes Gender-Wissen für die Organisation erhalten und kontinuierlich weiterentwickelt werden.

In der Einführungsphase von GM ist also Information und Kommunikation über Inhalt und Form der Umsetzung ein zentrales Element der Implementierung. Hierbei ist es wichtig, die Organisationskultur zu beachten, denn nicht alle Informations- und Kommunikationswege sind bei allen Organisationen gleich organisiert. Wenn es beispielsweise in einer Organisation unüblich ist, zur Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung zu verpflichten, sollte auch bei GM nicht dazu verpflichtet werden. Ein solches Vorgehen könnte sonst zu Widerständen und Akzeptanzproblemen führen, die sich nicht gegen das Thema GM oder Gleichstellung selbst richten sondern schlicht und einfach gegen die „organisationsfremde“ verpflichtende Teilnahme. Ist es hingegen in einer anderen Organisation üblich, bei wichtigen Themen zur Teilnahme zu verpflichten, so sollte das selbstverständlich auch bei GM geschehen.
Pilotprojekte oder Anwendungsvorhaben und Fortbildungen unterstützen die Wissensbildung in einer Organisation. Für die Erweiterung des Gender-Wissens einer Organisation und der Ausbildung von Gender-Kompetenz ist nur dann etwas gewonnen, wenn die Pilotprojekte in die Alltagsroutinen übertragen werden. Dies ist beispielsweise zu erwarten, wenn ein GM-Instrument entwickelt wird, wie z.B. die Arbeitshilfe  "Gender Mainstreaming bei der Vorbereitung von Rechtsvorschriften" (geschlechterdifferenzierte Gesetzesfolgenabschätzung) der Bundesregierung. Erfahrungen sind hier in einer für alle zugänglichen und nachvollziehbaren Form festgehalten.
Förderlich für die Wissensbildung sind regelmäßige Fortbildungen, in denen Gender-Aspekte vermittelt werden. Diese sind insbesondere dann zielführend, wenn nach Rückkehr an den Arbeitsplatz auch langfristig die Routinen verändert werden. Wichtig ist es auch, dass das neu erworbene Gender-Wissen von Vorgesetzten nachgefragt und als Fachwissen anerkannt wird. Damit zeigt sich auch für andere Beschäftigte, dass diese Fortbildungen „etwas bringen“, weil sie z.B. für den weiteren Karriereverlauf relevant werden.

In der Regelpraxis von GM gehört Gender-Wissen zum gängigen Fachwissen. Dies muss sich auch in einer Bereitstellung von Gender-Wissen in der Organisation durch ein entsprechendes Wissensmanagement zeigen. Oftmals ist dabei nicht klar, welche Informationen benötigt werden, in welchem Umfang und wo sie existieren, mit welchen Methoden sie ermittelt werden können und wie sie zu analysieren und zu bewerten sind. Hilfreich können hier Instrumente sein, die dabei unterstützen, neues Gender-Wissen systematisch zu erschließen.
Für alle Phasen gilt, dass mit einem Wissensmanagement für GM eine Infrastruktur für die Beschäftigten geschaffen werden muss, welches sie dazu befähigt:
  • in ihren Aufgaben und Handlungsbereichen Geschlechteraspekte zu erkennen und gleichstellungsorientiert zu bearbeiten,
  • ihr Fachwissen geschlechterdifferenziert zu nutzen,
  • bestehende Informationsquellen zu ermitteln und zu vernetzen und damit doppelte Arbeit zu vermeiden.
Eine der häufigsten Barrieren bei der Einführung eines Wissensmanagements ist, dass es bei Beschäftigten häufig wenig Bereitschaft gibt, ihr individuelles Wissen zu teilen. Das kann insbesondere für Gender-Wissen zutreffen, da dieses Wissen bisher nicht in gleichem Maße institutionalisiert ist wie anderes Fachwissen. Somit stellt Gender-Wisssen eine besondere Ressource in einer Organisation dar, die GM umsetzen will. Insgesamt geht es nicht darum, für GM etwas gänzlich Neues zu schaffen sondern vorhandene und bisher nicht genutzte Gender-Kompetenz aufzugreifen und zu erweitern. Diese Gender-Kompetenz ist häufig schon bei einigen Beschäftigten wie z.B. der Gleichstellungsbeauftragten vorhanden.
Es ist die Aufgabe von Führungskräften in einem Top-Down-Prozess die Beschäftigten wie z.B. Referenten und Referentinnen zu motivieren und zu überzeugen, ihr Wissen mit anderen zu teilen. Hier ist zu klären, wer was auf welcher Ebene entscheidet und wie viel Information jeweils für andere Ebenen z.B. für Entscheidungen relevant ist. So brauchen Führungskräfte für ihre Entscheidungen nicht alle zum Thema verfügbaren Informationen sondern konkrete Handlungsoptionen, die sie gegeneinander abwägen können. In diesem Zusammenhang ist es für die Umsetzung von GM wichtig, dass Führungskräfte Gender-Aspekte als fachlich relevante Entscheidungskriterien nachfragen. Hier finden Sie mehr zu Wissens- und Informationsmanagement als Top-Down-Aufgabe.
Zusätzlich ist es wichtig, dass in Bottom-Up-Prozessen die Beschäftigten signalisieren, wo Bedarf und Unterstützung bei der Entwicklung eigenen Gender-Wissens besteht. So können Führungskräfte gezielt Fortbildungen bereitstellen. Hier finden Sie mehr zum Verhältnis von Wissensmanagement und Bottom-Up-Prozessen.
Für die Umsetzung in der öffentlichen Verwaltung und speziell in den Bundesministerien heißt das zudem:
  • neue Formen der Zusammenarbeit wie beispielsweise übergreifende Projekt- oder Arbeitsgruppen zu entwickeln und zu nutzen (vgl. § 10 der Gemeinsamen Geschäftsordnung (GGO)),
  • bestehende übergreifende Zusammenarbeit zu nutzen (vgl. § 20 GGO),
  • bereits existierendes Wissen sowie Informationen und Daten der Ministerialverwaltung für Gender Mainstreaming verwertbar und verfügbar zu machen,
  • Zielallianzen und Synergieeffekte zwischen E-Government und Gender Mainstreaming zu erkennen und zu nutzen.
Da Wissen personengebunden ist, ist es für ein systematisches Wissensmanagement wichtig, Beschäftigte möglichst lange zu binden, also ein Ausscheiden aus der Organisation zu vermeiden. Für die Personalentwicklung heißt das: flexibler Umgang mit der Arbeitsorganisation und beispielsweise durch Arbeitsformen wie Teilzeit und Telearbeit die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen. Dadurch besteht insbesondere für Frauen, die in dieser Gesellschaft immer noch überwiegend Betreuungs- und Pflegeaufgaben in der Familie übernehmen, eine Motivation in der Organisation zu bleiben und eigenes Wissen zur Verfügung zu stellen.
Beim Wissensmanagement sind insbesondere in der öffentlichen Verwaltung weitere neue Arbeitsformen wie die besagte Telearbeit, aber auch E-Government mit neuen Elementen wie dem Intranet zu berücksichtigen. Digitale Datenverarbeitungs- Informations- und Kommunikationstechnologien gewinnen gesellschaftlich immer mehr an Bedeutung und sind für die Umsetzung von GM und gleichstellungsorientierter Arbeit keineswegs zu vernachlässigen.
Im Intranet ist Wissen gleichstellungsorientiert aufzubereiten. Die im Intranet bereitgestellten Informationen sollten dazu beitragen, Geschlechterverhältnisse gleichstellungsfördernd zu prägen, weil Gender-Wissen als Wissen über Geschlechterverhältnisse in einem bestimmten Kontext die Grundlage ist, um geschlechtergerecht agieren zu können.
Technisch gesehen muss der Zugang zum Intranet für alle Zielgruppen gleichermaßen gewährleistet werden. “Gleichermaßen” heißt dabei, unterschiedliche Bedürfnisse von Beschäftigten differenziert aufzugreifen. Bei der Technikgestaltung sollten z.B. unterschiedliche Vorerfahrungen bei der Nutzung digitaler Medien berücksichtigt werden.
Dies gilt in gleichem Maße für die Einführung von E-Government. Alle Zielgruppen müssen gleichermaßen Zugang zu Informationen haben. Da es bei der Internetnutzung immer noch einen “digital divide” gibt, müssen Zielgruppen, die nicht ohne weiteres Zugang zu Online-Formularen haben, weiterhin auf anderem Weg informiert und angesprochen werden. Diese Aspekte spielen insbesondere im Sachgebiet Neue Medien, Informations- und Kommunikationstechnologie eine Rolle.

Weiterführende Literatur:

erstellt von Administrator zuletzt verändert: 02.01.2010 20:05