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Gender Controlling – was ist das?

1. Controlling

Der Begriff Controlling bezeichnet Prozesse und Regeln, die zur Sicherung und Optimierung des Erreichens der Organisationsziele beitragen. Er bedeutet nicht "Kontrolle"; vielmehr ist Controlling eine Leitungs- oder Managementaufgabe und gehört zum Bereich der internen, begleitenden Steuerung.

Controlling besteht aus mehreren Bausteinen.

  • Es werden zu erreichende Ziele anhand von messbaren Kennzahlen (Indikatoren) festgelegt. In den Indikatoren spiegeln sich die Organisationsziele wieder, die z.B. in einem Leitbild festgehalten sind. Wenn also eine Verwaltung Gleichstellung anstrebt, muss dies sich auch in den Indikatoren des Controlling wieder finden.
  • Es wird geplant, mit welchen Maßnahmen diese Ziele erreicht werden sollen.
  • Es werden mithilfe von Berichtswesen und Evaluation systematisch Soll-Ist-Vergleiche durchgeführt. So werden mögliche Abweichungen schon im Prozessverlauf erkennbar, und gegensteuernde Maßnahmen können frühzeitig ergriffen werden.

Das Konzept Controlling kommt ursprünglich aus der Betriebswirtschaft. Heute ist es auch im Kontext der Modernisierung von Staat und Verwaltung anwendbar, um Effektivität und Effizienz zu steigern. Es muss allerdings den Bedingungen der öffentlichen Verwaltung angepasst werden. Eine Herausforderung ist es insbesondere, politische und gesellschaftliche Ziele in quantifizierbare, überprüfbare Kennzahlen zu übersetzen.

Controlling für Verwaltungen dient, so Wiltzius (2003: 30), "der ziel- und ergebnisorientierten Steuerung der Verwaltungsprozesse durch Planung, Analyse, Informationsversorgung und Kontrolle in einem durch Vor- und Rückkopplungen gekennzeichneten Prozess".

Ein Beispiel für Controlling in der Bundesregierung ist die strategische Steuerung im Rahmen des Programms "Moderner Staat – Moderne Verwaltung" und ein entsprecher Leitfaden des Bundesministeriums des Inneren dazu.


2. Controlling und Gender Mainstreaming

Die Strategie Gender Mainstreaming setzt auf allen Ebenen und in allen Handlungsfeldern von Organisationen an. Bei der Umsetzung von Gender Mainstreaming sind viele Faktoren zu beachten, die eine Organisation prägen. Dazu gehören die Erkenntnisse, die über die Gleichstellungsrelevanz und -förderung von Männern und von Frauen als Ausgangspunkt aller Arbeitsschritte vorliegen. Soll eine Organisation in dieser Hinsicht verändert werden, ist es wichtig, den Prozess der Umsetzung dauerhaft zu begleiten. Dafür bietet sich erneut das Mittel des Controlling an. Im Zusammenhang mit Gleichstellung wird teilweise von einem "Gender Controlling" gesprochen.

Die Diskussion zum Instrument Gender Controlling steht in Deutschland noch am Anfang. Bislang wird der Begriff Gender Controlling unterschiedlich verwendet. Wiltzius (2003: 39ff.) gibt dafür Beispiele:

    Ulshöfer (2002: 4) verstehe Gender Controlling als Ergebnis-Evaluation am Ende eines Prozesses. Das wird allerdings auch mit Gleichstellungs-Folgenabschätzungen erreicht.

    Faulstich-Wieland (2000) bezeichne mit Gender Controlling eine analytische Perspektive, ohne sie in ein ausgearbeitetes Konzept einzubinden.

    Wiltzius selbst definiert (2003: 45): "Gender Controlling ist die Integration des Gender Aspektes in die Planungs- und Steuerungsprozesse eines Unternehmens oder einer Verwaltung. Es ergänzt ein bestehendes Controlling Konzept bei seinen Funktionen Planung, Analyse und Kontrolle um den Gender Aspekt."

Es ist insbesondere umstritten, wie groß die Nähe oder der Unterschied des Gender Controlling zum Controlling aus Sicht der Betriebswirtschaftslehre ist.

Zwei Typen von Controlling und Gender Mainstreaming

Zu unterscheiden ist zwischen Gender (Mainstreaming) im Controlling und Controlling des Gender Mainstreaming.

a) Gender (Mainstreaming) im Controlling

GM und Controlling bedeutet, Gender in das Handlungsfeld des Controlling systematisch zu integrieren. Ausgangsfragen sind:

  • Ist das bestehende Controlling-Verfahren geschlechtergerecht? Sind Ziele und Indikatoren im Einklang mit der Strategie Gender Mainstreaming gebildet worden?
  • Trägt das Controlling zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und von Männern bei?

Ein schon bestehendes Verfahren zur Verbesserung von Arbeitsabläufen wird also optimiert, um das Ziel Gleichstellung einzubeziehen und das Verfahren geschlechtergerecht zu machen: Controlling wird gewissermaßen "gegendert".

    Ein Beispiel: Die Trägerschaft des gewerkschaftlichen schweizerischen Projekts "Gleichstellungs-Controlling" sieht in Gleichstellungs-Controlling kein separates Steuerungsinstrument, sondern die Integration von Gleichstellung in bereits vorhandenes Controlling:

    "Gleichstellungs-Controlling ist die Integration der Gleichstellungsanliegen in die laufenden Planungs- und Steuerungsprozesse in Organisationen. Es ergänzt das Projektdenken im Gleichstellungsbereich durch den selbstverständlichen Einbezug in die institutionalisierte Planungs- und Steuerungspraxis im Unternehmen oder in der Verwaltung."

    (Das Projekt benutzt den Begriff Gleichstellungs-Controlling analog zu Gender Controlling und bezieht die Gleichstellung auch auf z.B. Alter, sexuelle Orientierung oder Behinderung.)

Wiltzius (2003: 37) fasst zusammen: "Grundsätzlich ist festzuhalten, dass Gender Controlling das Fundament des Controlling Konzeptes aus der Betriebswissenschaft nutzt und im Sinne der Zielsetzung des Gender Mainstreaming Prinzips funktioniert."

b) Controlling des Gender Mainstreaming

Die Umsetzung der Strategie Gender Mainstreaming ist selbst ein Prozess, der steuernd begleitet werden muss. Daher gibt es auch ein Controlling des GM. Ausgangsfragen sind:

  • Wie kann das Ziel der schrittweisen Implementierung von Gender Mainstreaming gemessen und bewertet werden?
  • Welche Informationen werden benötigt, um GM ernsthaft beurteilen und ggf. nachsteuern zu können?

Hier wird nicht davon ausgegangen, dass ein Controlling ohnehin schon Anwendung findet und dass der Aspekt Gender integriert werden könnte. Vielmehr wird Controlling als eine systematische Evaluation verstanden, der ein Gender Mainstreaming-Prozess (oder eine bestimmte Phase wie z.B. die Implementierung) unterzogen wird:

"Als Bestandteil des GM ist Gender Controlling ein Verfahren, mit dem überprüft wird, ob Geschlechterverhältnisse angemessen berücksichtigt worden sind und in die Planung aufgenommen wurden, und ob die gesteckten geschlechtergerechten Ziele erreicht werden konnten." (Ulshöfer 2002: 4) "In erster Linie geht es um die Ernsthaftigkeit und den Erfolg der Umsetzung von GM." (Ulshöfer 2002: 5)

Stiegler (2000: Kapitel 3.3, Druckausgabe S. 15) resümiert: " In diesem Sinne ist Gender Controlling also ein Teil des Gender-Mainstreaming Prozesses, nämlich die Evaluation." Mehr Informationen dazu finden Sie im Bereich Implementierungskonzept für Gender Mainstreaming.

3. Controlling und Gender Mainstreaming - ganz praktisch

Um Controlling erfolgreich als Instrument von Gender Mainstreaming einsetzen zu können, sind in Anlehnung an Wiltzius (2003: 96) folgende Voraussetzungen wichtig:

  • Der Gender-Aspekt ist in die Controlling-Funktionen Planung, Analyse und Kontrolle integriert.
  • Der 'top-down'-Ansatz ist gewährleistet.
  • Die Umsetzung des Controlling ist rechtlich und politisch verankert.
  • Gender-Kompetenz ist bei den Controlling-Verantwortlichen und der Führungsspitze vorhanden.
  • Es gibt Konsequenzen (im Sinne von "Sanktionen"), die an das Controlling gebunden sind.

Müller/Sander (o.J.: 2) schlagen für ein Gleichstellungs-Controlling folgende Schritte vor, die hier beispielhaft genannt werden sollen:

1. Diagnose zum Stand der Gleichstellung (beziehungsweise zu ausgewählten Themen) in der Organisation

2. Verabschiedung der strategischen Ziele durch die Leitung (für 2 – 5 Jahre)

3. Erarbeitung der dafür notwendigen Daten, Kennzahlen und Indikatoren für ein permanentes Monitoring

4. Vereinbarung der Gleichstellungsziele mit den Führungskräften bzw. Mitarbeitenden im normalen Zielvereinbarungs-Prozess

5. Aufbereitung der für die Jahresziele notwendigen Kennzahlen für jede Führungskraft ("Führungscockpit Gleichstellung")

6. Umsetzung der Maßnahmen durch die Führungskräfte

7. Zwischenkontrolle nach etwa 6 Monaten, gegebenenfalls Anpassung der Maßnahmen

8. Kontrolle der Zielerreichung nach einem Jahr, wobei die Nichterreichung der Ziele Konsequenzen hat (Bonuswirksamkeit, Vereinbarung neuer Jahresziele und Maßnahmen usw.)

9. Jährliche Überprüfung der Prämissen der strategischen Ziele und Auswertung der Erfahrungen; nach 2 bis 5 Jahren Erarbeitung und Verabschiedung neuer strategischer Ziele.

Wiltzius (vgl. 2003: 54) hat eine Checkliste entwickelt, mit deren Hilfe geprüft werden kann, ob ein Controlling systematisch und konsequent gender-gerecht durchgeführt wird:

1. Die Verantwortlichkeit für ein Gender Controlling liegt bei der Führungsspitze.

2. Die Genderperspektive ist explizit Teil des strategischen Leitbilds.

3. Der "Motor" für die Umsetzung ist die Führungsebene ("top-down") und nicht z.B. die Gender-Beauftragte.

4. Es besteht eine klare Zielsetzung mit festgelegten Indikatoren.

5. Geschlechterdifferenzierte Daten werden bereitgestellt.

6. Es existiert ein konsequentes Evaluationssystem (z.B. intern: Berichtswesen, extern: Gender Impact Assessment)

7. Gender (Mainstreaming) Kompetenz ist bei den Führungskräften bzw. der Steuerungsgruppe für Controlling vorhanden.

8. Kontinuierliche Weiterbildungen auf allen Ebenen werden angeboten.



Literatur

Bundesministerium des Innern: Leitfaden zum Aufbau und Betrieb eines operativen Controllings in den Behörden des Geschäftsbereichs, 2001.

Sander, Gudrun (2008): Gendermainstreaming und Gleichstellungs-Controlling: Gleichstellung als Führungsaufgabe. in: SuchtMagazin, Nr. 4

Müller, Catherine / Sander, Gudrun: Gleichstellungs-Controlling in Unternehmungen und öffentlichen Verwaltungen, 2003.

Projekt Gleichstellungs-Controlling

Wiltzius, Martine: Gender Controlling – Eine Methode zur Umsetzung von Gender Mainstreaming in öffentlichen Verwaltungen, Unveröffentlichte Magistra-Arbeit Humboldt-Universität zu Berlin 2003.

erstellt von Administrator zuletzt verändert: 02.01.2010 20:05