Sie sind hier: Startseite GenderKompetenz 2003-2010 Gender Mainstreaming Strategie Gleichstellungspolitik Laenderstudien Norwegen Ziele und Politikfelder von Gleichstellung

Ziele und Politikfelder von Gleichstellung

Ziele und Politikfelder von Gleichstellungspolitik

Aktuelle norwegische Gleichstellungspolitik findet besonders in den Politikfeldern Wirtschaft, Bildung und politische Partizipation statt. Ziele sind dabei eine verstärkte Repräsentanz von Frauen in den Führungsetagen der Privatwirtschaft und des Bildungssektors, und eine größere Teilhabe von Frauen in der kommunalen und nationalen Politik. Außerdem wurden in den letzten Jahren zunehmen gleichstellungspolitische Maßnahmen in die Familienpolitik integriert, um eine gerechtere Arbeitsteilung zwischen Frauen und Männern in den Familien zu fördern.

Hintergrund

In der Wissenschaft wird Norwegen dem „Doppel-Verdiener-Modell“ (im Gegensatz zum „männlichen Ernährermodell“ wie in Deutschland oder dem „marktorientierten Modell“ wie in GB und den USA) zugeordnet, das von einem hohen Ausmaß an öffentlichen Dienstleistungen, starker Defamiliarisierung und großzügigen Transferleistungen für Familien charakterisiert ist (Dackweiler, 2005). Im Rahmen der Frauenbewegung im Norwegen der 1970er und 80er Jahre war die Teilung zwischen Privatem und Politischen erfolgreich angeprangert und weitgehend aufgehoben worden. Während der christdemokratischen Regierungen 1997-2000 und 2001-2005 jedoch gewann diese Trennung wieder mehr an Bedeutung, vor allem in Verbindung mit der verstärkten Verwendung des „freie Wahl“-Arguments in der politischen Debatte. Dies spiegelte sich 1998 in der Einrichtung eines Pflegezuschlags unter dem Stichwort cash-for-care wider, welches es einem Elternteil finanziell ermöglicht, zuhause zu bleiben. In den letzten Jahren ging der Trend in der Familienpolitik jedoch in eine andere Richtung – besonders die Elternzeit wurde reformiert:

Gleichstellungspolitische Maßnahmen in der Familienpolitik

Heute gibt es in Norwegen ein Recht auf bezahlte Elternzeit für die Dauer von maximal 44 Wochen. Für diesen Zeitraum werden 100 Prozent des Einkommens ersetzt, höchstens jedoch das Sechs-fache der nationalen Grundsicherung und damit NOK 420 000 (ca. 50 000 Euro). Wahlweise kann die Elternzeit auf 54 Wochen verlängert werden, für deren Dauer dann 80 Prozent des Gehalts ersetzt werden. Diese zweite Variante wird deutlich häufiger in Anspruch genommen. Kritisiert wird dabei, dass vor allem besser verdienende Eltern es sich leisten können, die längere Elternzeit bei 80-Prozentiger Bezahlung zu wählen, womit der Übergang von Elternzeit zu staatlicher Kinderbetreuung besser abgedeckt ist. Eltern, die aufgrund eines niedrigen Einkommens auf die 100-Prozentige Erstattung angewiesen sind, können nur 44 Wochen Elternzeit nehmen und haben bis zum Beginn der staatlichen Kinderbetreuung folgerichtig eine wesentlich größere Lücke zu schließen (Europäische Kommission 2008).
Die Elternzeit kann flexibel unter den Eltern aufgeteilt werden, allerdings sind die drei Wochen vor und die ersten sechs Wochen nach der Geburt des Kindes für die Mutter reserviert. Stillende Mütter haben außerdem das Recht, den Arbeitsplatz täglich für zwei zusätzliche Stunden zu verlassen, ohne Einbußen im Gehalt fürchten zu müssen.

Für Väter sind sechs Wochen der Elternzeit reserviert, außerdem haben sie Anspruch auf zwei Wochen unbezahlten Urlaub unmittelbar nach der Geburt des Kindes, um einen engeren Kontakt zum Kind aufzubauen - was nicht zuletzt auch die Beteiligung der Väter an der weiteren Kinderbetreuung fördern soll. Wird der Vaterschaftsurlaub nicht in Anspruch genommen, verfallen diese sechs Wochen Elternzeit. Norwegen hat den Vaterschaftsurlaub als erstes Land weltweit bereits 1993 eingeführt. Die langjährigen Erfahrungen zeigen, dass 89 Prozent der Väter den für sie reservierten Teil der Elternzeit in Anspruch nehmen, und die Mehrzahl dies gegen Ende der Elternzeit tut. Im Durchschnitt werden 11 Prozent bzw. 23 Tage der Elternzeit vom Vater genutzt, also weniger als der für ihn reservierte Zeitraum. Diese Zahl hat sich seit Mitte der 90er Jahre kaum geändert.
Die Regelungen des Vaterschaftsurlaubs verfolgen zwei Ziele: die Beziehung zwischen Vater und Kind zu stärken, und die Gleichstellung der Geschlechter in der Familie und auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. In jüngster Zeit ist eine Debatte über die Rechte von Vätern als gleichwertige Elternteile aufgekommen, in deren Folge ab 2009 der Vaterschaftsurlaub auf 10 Wochen verlängert werden soll (Europäische Kommission 2008).

Das Einkommen wird während der Elternzeit vom Staat erstattet – die fehlende Differenz zwischen maximaler staatliche Zahlung und dem Realeinkommen wird oft von den Arbeitgebern übernommen. Beide Elternteile haben die Möglichkeit, die Elternzeit mit Teilzeitarbeit zu kombinieren und sie damit auf bis zu drei Jahre zu verlängern. Durch den Ersatz des Einkommens können beide Elternteile ihre Arbeitszeit reduzieren, ohne das gewohnte Einkommensniveau zu senken. Allerdings wird in den meisten Fällen die Elternzeit am Stück genommen. Beide Elternteile haben außerdem Anspruch auf ein Jahr unbezahlten Erziehungsurlaub nach Ablauf der Elternzeit und das Recht auf Teilzeitarbeit bis zum 11. Lebensjahr des Kindes (Statistisches Amt Norwegen 2008).

84 Prozent der norwegischen Kinder zwischen einem und fünf Jahren haben einen Kindergartenplatz. Eltern, die Kinder zwischen einem und drei Jahren nicht in die staatlich geförderte Kinderbetreuung geben, können einen monatlichen Zuschuss im Wert der Kinderbetreuung beantragen. Ausgangspunkt für dieses Gesetz war die Gewährleistung echter Wahlfreiheit für Eltern. Dieser Zuschuss ist in Norwegen seit seiner Einführung 1998 politisch sehr umstritten, da hiervon negative Auswirkungen auf das Ziel der Geschlechtergleichstellung befürchtet werden – Auswirkungen bisher waren aber minimal, und die Anträge auf den Zuschuss gehen zurück: Nur 63 Prozent der Familien mit 1 bis 2-jährigen Kindern erhielten 2004 den Zuschuss, im Vergleich zu 73 Prozent im Jahr 2001 (Statistisches Amt Norwegen 2008). Die derzeitige Regierung (2005-2009) hat entschieden, das Angebot schrittweise zurückzuziehen (Gender in Norway 2008). Arbeitslose Mütter erhalten jedoch weiterhin einen staatlichen Zuschuss im Wert von ca. 5000 Euro unmittelbar nach der Geburt. Langfristig plant die norwegische Regierung, den Bürgerinnen und Bürgern ein Recht auf Kinderbetreuung zu garantieren (Lister 2006).

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Kindern unter zehn Jahren haben zusätzlich Anspruch auf eine Arbeitszeitreduzierung von bis zu 20 Prozent. Diese Möglichkeit wird fast ausschließlich von Frauen genutzt. Bei Kindern unter zwölf Jahren haben beide Elternteile Anspruch auf zehn Tage bezahlten Urlaub bei Krankheit des Kindes, 15 bei mehr als zwei Kindern, und 20 bzw. 30 Tage bei Alleinerziehenden. Die erhöhte Flexibilität in Arbeitszeit auf dem norwegischen Arbeitsmarkt kommt neben den Eltern auch den Pflegenden zugute (Europäische Kommission 2008).
Ein kausaler Zusammenhang zwischen den Regelungen der Elternzeit und der Situation von Frauen auf dem Arbeitsmarkt ist derzeit nicht bekannt. Die hohe Arbeitsmarktbeteiligung norwegischer Frauen bei gleichzeitig hoher Geburtenrate lässt jedoch darauf schließen, dass Frauen in Norwegen die Vereinbarung von Familie und Beruf besser ermöglicht wird als in den meisten anderen europäischen Staaten: Die durchschnittliche Geburtenrate liegt in Norwegen bei 1,90 Kindern pro Frau (Statistisches Amt Norwegen 2008), im Vergleich zu 1,52 in der Europäischen Union (Deutsche Rentenversicherung Bund 2008) und 1,37 in Deutschland (Destatis 2008). Einschränkend muss aber hinzugefügt werden, dass der Anteil an Teilzeitarbeitenden unter den Frauen sehr hoch ist – mit den bekannten Folgen von verminderten Karrierechancen und geringerer Rente für diese Frauen. Auch ein positiver Effekt des Vaterschaftsurlaubs auf den Arbeitsmarkt konnte bisher nicht belegt werden. Ob sich dies mit der geplanten Verlängerung des Vaterschaftsurlaubs auf 10 Wochen ändert, bleibt abzuwarten.


Um die ökonomische, soziale und politische Gleichstellung der Geschlechter zu fördern, hat die norwegische Regierung einige Maßnahmen „positiver Diskriminierung“ implementiert:

Gleichstellungspolitische Maßnahmen zu Frauen in der privaten Wirtschaft

Wie im Kapitel „Partizipation in Bildung, Politik und Wirtschaft“ bereits erwähnt, hat das norwegische Parlament im Januar 2004 ein Gesetz verabschiedet, das eine geschlechtergerechte Besetzung von Aufsichts- und Verwaltungsräten von Aktiengesellschaften vorschreibt. Zum damaligen Zeitpunkt lag der Anteil von Frauen bei den Aufsichts- und Verwaltungsräten solcher Unternehmen im Durchschnitt bei nur 7,3 Prozent. Die Mehrheit des Parlaments nahm das Gesetz an, lediglich eine Partei votierte dagegen. Damit war Norwegen das erste Land, das ein solches Gesetz verabschiedet hat.

Demgemäß müssen in jedem Aufsichts- oder Verwaltungsrat beide Geschlechter vertreten sein: Ein Rat mit vier oder fünf Mitgliedern muss mindestens zwei Repräsentierende beider Geschlechter haben, bei sechs oder sieben Mitgliedern mindestens drei etc. Hat ein Rat mehr als neun Mitglieder, müssen beide Geschlechter zu mindestens 40 Prozent vertreten sein. Nach einer Abmachung zwischen der damaligen norwegischen Regierung und dem privatwirtschaftlichen Sektor sollte diese Regelung nicht gesetzlich in Kraft treten, wenn die Unternehmen die festgesetzte Quote von 40 Prozent weiblicher Mitglieder in den Aufsichts- und Verwaltungsräten bis zum 1. Juli 2005 freiwillig erreichten. Laut dem Statistischen Amt Norwegen (2008) hatten jedoch zum vereinbarten Stichtag nur 68 der gelisteten 519 Aktiengesellschaften - und damit nur 13,1 Prozent - die Quote erreicht. Zu diesem Zeitpunkt waren im Durchschnitt 16 Prozent der Aufsichts- und Vorstandsräte weiblich.
Daraufhin traten die verbindlichen Regelungen für staatliche Unternehmen am 1. Januar 2004, und für Aktiengesellschaften in Privatbesitz am 1. Januar 2006 in Kraft. Die Unternehmen bekamen eine weitere Übergangsphase von zwei Jahren zugestanden – folgerichtig war der endgültige Stichtag für die Erfüllung der Quote der 1. Januar 2008. Unternehmen, die das Ziel dann nicht erfüllt hatten, mussten mit Sanktionen rechnen – bis hin zur Auflösung des Unternehmens.
Im April 2008 stand jedoch fest, dass keines der Unternehmen aufgelöst werden würde. Am 19. Februar 2008 waren 39 Prozent der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder in Norwegen Frauen. 93 Prozent der 459 Aktiengesellschaften erfüllten die Auflagen der Geschlechterrepräsentation.
Wichtiger Bestandteil dieser Entwicklung war das Programm „Female Future“, welches sich der Norwegische Unternehmerverband (NHO) nach einigem Widerstand schließlich selbst auferlegte: Ziel des Programms ist es unter anderem, die Privatwirtschaft zu einem attraktiveren Arbeitsumfeld für Frauen zu machen, den Anteil von Frauen in Management-Positionen zu erhöhen und sie bei der Vereinbarung von Beruf und Familie zu unterstützen. Innerhalb eines Jahres durchlaufen die Kandidatinnen Weiterbildungen, Mentoren- und Netzwerkprogramme. 1070 Kandidatinnen haben mittlerweile das Programm durchlaufen und wurden darin auf die Arbeit als Aufsichtsrätinnen vorbereitet.
Um erfolgreicher kompetente Frauen erreichen und einstellen zu können, wurden spezielle Datenbanken errichtet: Hier können sich Frauen, die Mitglied eines Aufsichts- oder Verwaltungsrates werden wollen, registrieren lassen. Unternehmen, die Aufsichts- oder Verwaltungsrätinnen benötigen, nutzen diese Datenbanken bei ihrer Suche (Norwegischer Unternehmerverband 2008).

Die Norwegische Regierung hat das Gesetz mit der Begründung verabschiedet, dass geschlechtergerechte Repräsentation ein wichtiger demokratischer Wert sei. Das Gesetz solle helfen, eine gerechtere Gesellschaft und eine gerechtere Aufteilung von Macht zu etablieren. Darüber hinaus wird die Teilnahme von Frauen als ein wichtiger Faktor in der Generierung von Wohlstand innerhalb einer Gesellschaft gesehen. In ihren Stellungnahmen weist die norwegische Regierung darauf hin, dass sie die Diskrepanz zwischen den zunehmenden Zahlen gebildeter Frauen und der stagnierenden Anzahl von Frauen in Machtpositionen ernst nimmt. Das Gesetz soll Männern in Entscheidungspositionen die Möglichkeit geben zu erkennen, dass ausreichend kompetente Frauen verfügbar sind und dass diese den Ansprüchen genügen. Dies soll langfristig helfen, die human ressources Norwegens besser zu nutzen. Künftig soll eine 50/50 – Aufteilung von Räten und Gremien zwischen den Geschlechtern erreicht werden. Die Einhaltung der Quotenvorschrift wird durch die Börsenaufsicht kontrolliert und neue Unternehmen können sich nur dann an der Börse eintragen lassen, wenn sie die rechtlichen Bedingungen erfüllen (Norwegisches Ministerium für Kinder und Gleichstellung 2008).

Für kleinere Betriebe und Familienunternehmen wurden keine gesetzlichen Regelungen eingeführt. Das norwegische Parlament verabschiedete jedoch im Mai 2007 ein weiteres Gesetz, wonach Genossenschaften mit über 1.000 Mitgliedern auch unter das Gesetz zur Repräsentation beider Geschlechter fallen, was die Anzahl der betroffenen Unternehmen erheblich steigern könnte: Insgesamt existieren ca. 4.000 Genossenschaften in Norwegen.

Die Norwegische Regierung hat im Herbst 2006 einen nationalen Aktionsplan für Unternehmerinnen vorgestellt. Unter anderem beinhaltet der Aktionsplan Maßnahmen und finanzielle Anreize, die Innovation und Unternehmertum bei Frauen unterstützen sollen (Gender in Norway 2008).

Im März 2006 wurde außerdem eine Kommission zu Equal Pay eingerichtet. Hauptaufgabe der Kommission ist es, das Thema Equal Pay in der politischen Agenda zu verankern und die Debatte zum Thema zu beleben. Die Kommission wird außerdem konkrete Empfehlungen für weitere Strategien veröffentlichen. Hauptmotivation zur Gründung der Kommission war die langsame, in den letzten Jahren sogar stagnierende Entwicklung bei der Entgeltgleichheit.

Gleichstellungspolitische Maßnahmen zu Frauen in der Wissenschaft

Trotz eines Verhältnisses von 60 Prozent Frauen zu 40 Prozent Männern bei den Studierenden liegt das Verhältnis von Frauen und Männern bei den Professuren in Norwegen bei 20 zu 80. In den Naturwissenschaften ist das Missverhältnis noch stärker: bei 40 Prozent weiblichen Studierenden liegt der Anteil der Professorinnen bei lediglich 10 Prozent.

Alle Hochschulen müssen daher Aktionspläne zur Gleichstellung der Geschlechter verabschieden. Einmal jährlich treffen sich Vertreterinnen und Vertreter der einzelnen Hochschulen mit dem Ministerium für Kinder und Gleichstellung zu diesem Thema. Viele der Pläne enthalten ehrgeizige Ziele bei der Erhöhung des Frauenanteils. Mentorenprojekte, Stipendien, Weiterbildungen, Netzwerke und Qualifizierungen von Frauen für diese Positionen sind meist Teil der Aktionspläne. Bis 2002 konnten die Universitäten auch mittels Frauenquote Stellen nur für Frauen ausschreiben. Der Gerichtshof der europäischen Freihandelszone (EFTA) entschied jedoch im Januar 2003, dass die Reservierung akademischer Stellen für Frauen dem EWR-Abkommen zur Gleichbehandlung der Geschlechter widerspricht. Am 30. August 2007 forderte die nationale Studierdendenorganisation Norwegens (NSU) das Ministerium für Bildung und Forschung dazu auf, dieses Instrument der Reservierung fortzuführen. Dabei wurde argumentiert, dass Veränderungen innerhalb der EU Gesetzgebung seit 2003 dies ermöglichten: Artikel 4 der UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) erlaubt zeitweilige Sondermaßnahmen der Vertragsstaaten zur beschleunigten Herbeiführung der De-facto-Gleichberechtigung von Mann und Frau. Die Einfügung der CEDAW in die EU-Gesetzgebung und die norwegische Gesetzgebung schafft so möglicherweise eine neue Situation in Bezug auf Frauenquoten.
Am 11. September 2007 erhielt die NSU die Unterstützung der Universitätsdirektoren der Universitäten von Bergen und Oslo. Seitdem ist die Reservierung akademischer Stellen für Frauen eine Schlüsselfrage in der Debatte um Geschlechtergerechtigkeit in der Forschung (KILDEN Information Center for Gender research in Norway 2008).

Die Regierung ist auch weiterhin daran interessiert, die Methode der Frauenquote für Universitätsstellen wieder einzusetzen. Die Regierung plant allerdings, die Maßnahme zu entschärfen, z.B. indem Stellen für Frauen nur zeitlich limitiert reserviert werden, und die Maßnahme insgesamt nur auf ein paar Jahre ausgelegt und auf solche Disziplinen begrenzt wird, in denen Professorinnen deutlich unterrepräsentiert sind. Im nationalen Haushalt von 2009 will die norwegische Regierung erreichen, dass etwa 15 Prozent der neuen Dissertationsstellen und Juniorprofessuren an Universitäten für Frauen reserviert werden, sofern die Maßnahme bis dahin gesetzlich angepasst wurde.

Ende Januar 2008 wurde bekannt gegeben, dass das „Komitee für Mainstreaming – Frauen in der Wissenschaft“ im Auftrag des Ministeriums für Bildung und Forschung spezifische und zielorientierte Maßnahmen zur Stärkung der Position von Frauen in der Forschung entwickelt, die mit dem Abkommen zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) übereinstimmen. Aufgabe des Komitees ist es, Initiativen zur Verbesserung der Gleichstellung der Geschlechter in den Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu unterstützen und zu beraten. Der Zeitplan sah eine Fertigstellung der Empfehlungen des Komitees bis Mai 2008 vor. Diese Maßnahmen werden nun mit dem Regelwerk der EWR verglichen, und auf dieser Grundlage wird die Ministerin die zu implementierenden Maßnahmen auswählen.

2007 stellte das Ministerium einen Preis im Wert von 2 Millionen NOK für diejenige Hochschule, Fakultät, Institut oder Forschungseinrichtung aus , die den besten Gleichstellungsplan verabschiedet und erfolgreich umgesetzt hat. 2008 wurde der Preis zum ersten Mal verliehen: Die Norwegische Universität für Wissenschaft und Technik in Trondheim erhielt 1.500.000 NOK (ca. 160.000 Euro) und das Institut für Meeres-Biotechnologie an der Universität von Tromsø erhielt 500.000 NOK (ca. 52.000 Euro) (Revold 2008).

Gleichstellungspolitische Maßnahmen zu Frauen in der Politik

Es gibt Bemühungen auf Seiten der sozialdemokratischen Partei, das Klima für Frauen in politischen Organisationen und Institutionen zu verbessern und zu de-maskulinieren. Dafür werden parteiübergreifende Frauen-Netzwerke gestärkt und politische Weiterbildungen und Seminare für Frauen angeboten. Da Frauen ihre Freizeit oft für die Familie verwenden, wird diskutiert, ob politische Treffen auf andere Weise als bisher abgehalten werden können, z.B. weniger spät abends und mit weniger Vorbereitungszeit. Eine Mindestanzahl an Frauen wird in Norwegen in den meisten politischen Parteien über Quoten garantiert, teilweise bereits seit 1975. Seit 1989 ist es außerdem ungeschriebenes Gesetz, dass mindestens 40 Prozent des Kabinetts Frauen sein müssen. Die sozialdemokratische Partei ging in ihren Interna noch darüber hinaus und legte eine 50/50 – Quote für alle Ämter, die die Partei repräsentieren, fest. Bemühungen sollen auch dahin gehen, die bisher durchscheinende Aufteilung von Politikfeldern – Kinder, Jugend und Gesundheit bei den Frauen; Wirtschaft, Sicherheit und Energie bei den Männern – zu überwinden (Bekkemellem, 2006).

2004 brachte der norwegische Verband kommunaler Regierungen und Verwaltungen (KS) ein Projekt zu Geschlechtergerechtigkeit in kommunaler Planungsarbeit auf den Weg. Ziel des Projekts war es, eine Basis für die angestrebte systematische Verbesserung von Geschlechtergerechtigkeit in den Kommunen zu schaffen. 20 Kommunen initiierten 20 verschiedene Maßnahmen zur Förderung von Geschlechtergerechtigkeit in verschiedenen Zuständigkeitsbereichen. Beispielsweise wurden strategische Dokumente zur Geschlechtergerechtigkeit als Grundlage kommunaler Planung entworfen, Pläne zur erhöhten Beschäftigung von Männern in der Kinderbetreuung ausgearbeitet, die Themen Entgeltgleichheit und Teilzeitarbeit wurden bedacht, eine Schulbibliothek nach Gender-Perspektive bewertet, und genderkompetente Kinderbetreuung wurde gefördert. Die Erfahrungen aus den verschiedenen Maßnahmen und ein Leitfaden wurden auf einer eigenen Homepage (www.likestillingsaktiviteter.no) veröffentlicht (Norwegische Regierung 2008).

Gleichstellungspolitische Maßnahmen zu Frauen mit Migrationshintergrund

Die norwegische Regierung verabschiedete einen „Aktionsplan für die Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung (2002-2006)“, in den eine Gender-Perspektive integriert wurde. Nachdem die Universität von Oslo damit beauftragt worden war, einen Bericht zu Gender-Themen im Asyl zu erstellen, wurde größere Aufmerksamkeit auf geschlechtsspezifische Verfolgung als Grund für Asyl gerichtet. Laut Statistik wurden seither wesentlich mehr Frauen als Flüchtlinge anerkannt und erhielten Asyl als zuvor. Besonders die Themen häusliche Gewalt, Zwangsverheiratung und Beschneidung von Frauen mit Migrationshintergrund finden Beachtung (Norwegische Regierung 2008).

Weitere gleichstellungspolitische Maßnahmen

Die erste landesweite Untersuchung zur Häufigkeit von Gewalt in Paarbeziehungen 2005 zeigte beunruhigende Ergebnisse: Mehr als eine von fünf Frauen und mehr als einer von fünf Männern berichteten, dass ihr/sein Lebensgefährte oder ihre/seine Lebensgefährtin ihnen mindestens einmal Gewalt angetan oder angedroht hätte. Über 5 Prozent der Männer und Frauen berichteten, dass ihre/seine Partnerin bzw. Partner dies innerhalb der letzten 12 Monate getan hätte. Um erfolgreich gegen diese Gewalt angehen zu können, und um die politischen Maßnahmen zu koordinieren, wurde eine dauerhafte interministerielle Arbeitsgruppe eingerichtet, bestehen aus Vertretern des Gesundheits- und des Arbeitsministeriums, und des Ministeriums für Kinder und Gleichheit. Diese Arbeitsgruppe entstand aus dem Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen (2000-2003), und soll sicherstellen, dass die Evaluierung bisheriger Maßnahmen auf die zukünftige Politik Einfluss hat.

Norwegen versucht, die Wissenslücke, die in der Gender-Debatte über die verschiedenen Lebenslagen von Männern bisher geherrscht hat, durch Forschung zu füllen. Solche Forschungsprojekte werden von der Regierung subventioniert. Die Regierung stellt Mittel für das „Resource Centre for Men“ zur Verfügung, welches zu positiver Maskulinität und männlichen Geschlechterrollen arbeitet. Das von der Regierung ernannte „Men's Panel“ veröffentlichte im März 2008 ein umfassendes Memorandum zur Lage von Männern in Norwegen und ihre Forderungen an die aktuelle Gleichstellungspolitik. Darin wird besonders betont, dass trotz der fortgeschrittenen Geschlechtergerechtigkeit in Norwegen sowohl Frauen als auch Männer unter der tradierten Rollenverteilung im Berufs- und Privatleben litten. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssten erkennen, dass „Väter auch Eltern sind“, da sich die meisten Männer eine ausgewogenere Aufteilung von Arbeit und Familie und mehr Zeit für Fürsorge, Lebensqualität und private Beziehungen wünschen. Zur Erreichung von Geschlechtergerechtigkeit müssten Bemühungen um die Rechte von Männern in weiblichen Foren die Bemühungen um die Rechte der Frauen in männlichen Foren ergänzen.

Auf Vorschlag des Ministeriums für Kinder und Gleichstellung verabschiedete das norwegische Parlament am 14. März 2008 ein Gesetz, dass es homosexuellen Paaren erlaubt, zu heiraten. Bisher hatten homosexuelle Paare lediglich die Möglichkeit zur eingetragenen Partnerschaft, die die gleichen Rechte und Pflichte wie eine Ehe beinhaltete, mit Ausnahme der Adoption von Kindern und der Möglichkeit einer kirchlichen Hochzeit. In Zukunft ist die homosexuelle Ehe der heterosexuellen Ehe rechtlich vollständig gleichgestellt.

Im Rahmen des TENK (Denk nach) – Projektes wurde ein interaktives Lernprogramm entwickelt, um Schülerinnen und Schüler zu befähigen, stereotypisierte Rollen von Frauen und Männern in der Werbung besser einzuschätzen. Ziel ist es, Kinder im richtigen Umgang mit dem Druck aus Kommerz und Mode zu unterstützen.


Erarbeitet von Marion Siebold
erstellt von Administrator zuletzt verändert: 02.01.2010 20:06