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Schriftliche Fassung der Präsentation des GenderKompetenzZentrums zum zweiten Block

Möglichkeiten der Steuerung bei der Umsetzung von Gender Mainstreaming im Übergang zur Regelpraxis

Mittlerweile wurden in zahlreichen Verwaltungen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene Erfahrungen bei der Einführung von Gender Mainstreaming (GM) gesammelt. Die Einführungsphase von GM war zumeist von Schulungs- und Fortbildungsmaßnahmen sowie von Pilotprojekten geprägt.
Das Ziel ist es nun, nach einer Übergangsphase GM in die Regelpraxis zu integrieren. Unter Regelpraxis wird hier verstanden, dass alle Akteure in allen Handlungsfeldern und in allen Sachgebieten gleichstellungsorientiert handeln. Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass es notwendig ist, den Übergang zur Regelpraxis zu gestalten bzw. zu steuern. Ansonsten stockt der Implementierungsprozess; er läuft nicht einfach von sich aus weiter. Wie aber sieht die Gestaltung bzw. Steuerung dieser Übergangsphase konkret aus? Welche Möglichkeiten der Steuerung sind vorhanden und wie kann man sie nutzen? Diese Fragen lassen sich nicht ohne einen Blick auf die veränderten Steuerungsabläufe in einer modernen Verwaltung beantworten.

Steuerung in der modernen Verwaltung
Seit vielen Jahren und zum Teil schon seit Jahrzehnten vollzieht sich ein Modernisierungsprozess in den Verwaltungen des Bundes, der Länder und der Kommunen. Auch wenn diese Modernisierungsprozesse zum Teil Unterschiede aufweisen, so ist ihnen doch gemein, dass sie von einer neuen Form der Steuerung ausgehen. Diese lässt sich in ihren Grundzügen wie folgt beschreiben:
Das Verwaltungshandeln soll sich immer mehr an dem Leitbild des Managementzyklus orientieren und durch Ziele und Zielerreichungskontrolle steuern.  Das bedeutet, zunächst einmal einen Sachverhalt, ein Problem zu beschreiben und zu definieren. Darauf bezogen wird ein Zielsystem entwickelt und Alternativen zur Problemlösung gesucht und bewertet. Diese Planungsphase endet mit einer Entscheidung, die dann durch Implementation umgesetzt wird.
Die damit verbundene Kontrollphase beinhaltet die Evaluation der Zielerreichung und insbesondere die Rückkoppelung der Ergebnisse in den Steuerungszyklus. Die Rückkoppelung der Kontrollergebnisse soll zur Verbesserung des Handlungsplanes führen und damit letztendlich zur laufenden Verbesserung der Arbeitsergebnisse.  Bisher wurde traditionell durch Normvorgaben gesteuert, die von der Verwaltung im Normvollzug zunächst durch Implementation und dann durch Realisation umgesetzt wurde. Interne und externe Kontrolle der Gesetzmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit sowie der Verhältnismäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwaltung wurde z. B. durch Rechnungshöfe und Fachaufsicht vorgenommen. Diese Form der Steuerung sieht keine Rückkoppelungsbeziehungen zwischen Vorgaben und Handlungsergebnissen vor. Daher ist es nur schwer möglich, das durch die Handlung erlernte Wissen in die nachfolgenden Entscheidungsprozesse einzubringen und so zur Optimierung von Aufgabenerfüllung zu nutzen.
Mit diesem theoretischen Hintergrund werden nun im Folgenden die verschiedenen Umsetzungsphasen von GM unter dem Gesichtspunkt von Steuerung betrachten. Aufgrund des gesetzten Themas werden sich die nachfolgenden Ausführungen schwerpunktmäßig auf die Steuerung der Übergangsphase beziehen.

Steuerungsmöglichkeiten in den verschiedenen Umsetzungsphasen von GM
In der Einführungsphase wird vor allem durch Information und durch allgemeine Rahmenvorgaben gesteuert. Unter dem Punkt Steuerung durch Information sind u.a. die Bekanntmachung der Strategie GM durch Hausmitteilungen, Hausanordnungen, Informationsmails zu verstehen oder auch Hinweise im Intranet. Zumeist gibt es außerdem Auftaktveranstaltungen zu GM bis hin zu spezielleren Schulungs- und Fortbildungsmaßnahmen. Zu diesem Zeitpunkt ist schon zu beachten, dass die gewählte Form der Bekanntmachung dazu beitragen kann, wie diese Information von den Beschäftigten aufgenommen wird. Für einen Steuerungserfolg ist es schon an dieser Stelle wichtig, den GM-Aspekt Top-Down mitzudenken. Eine von der politischen Leitung unterzeichnete Hausmitteilung sagt selbstverständlich mehr über die Bedeutung von GM im jeweiligen Ressort aus, als die Bekanntmachung von GM durch eine Infomail der Gleichstellungsbeauftragten. Genauso wichtig kann es sein, Fortbildungsveranstaltungen von der politischen Leitungsebene eröffnen zu lassen, um deutlich zu machen, dass man ernsthaft an der Umsetzung von GM durch alle Beschäftigten interessiert ist. Fehler, die in dieser Phase gemacht werden, können den gesamten weiteren Prozess behindern und sind so schnell wie möglich durch Nachsteuerung auszugleichen.

Sinnvollerweise sollte diese Form der Steuerung schon in der Einführungsphase um Steuerung durch allgemeine Rahmenvorgaben ergänzt werden. Darunter sind u.a. Grundsatzbeschlüsse zu GM, Verankerung in einer Gemeinsamen Geschäftsordnung (GGO/GO) zu verstehen sowie Entscheidungen zur Pilotierung.
Diese bekunden zum einen den ernsthaften Willen der politischen Leitung und Führung gegenüber den Beschäftigten zu GM. Zum anderen liefern sie die notwendige Orientierung für die Umsetzung von GM, die es in der folgenden Übergangsphase zu konkretisieren gilt.

Nach dem der erste Weg zur Implementierung von GM gegangen ist, gilt es nun, die Übergangsphase zur Regelpraxis zu gestalten. Für diese Phase ist Steuerung durch spezielle Rahmenvorgaben notwendig. Hierfür bieten sich vor allem Steuerungsmittel wie Zielvereinbarungen, Instrumente oder auch konkrete Anwendungsvorhaben an. Spätestens in dieser Phase sollte GM in der GGO/GO verankert sein und klare Zuständigkeiten für GM verteilt sein.

Der Nutzen von z. B. Zielvereinbarungen in dieser Phase liegt insbesondere
  • in der Festlegung von strategischen Zielen als Ordnungsmoment für eine Organisation,
  • in der Konkretisierung der Planung durch Festlegung auf fachliche Ziele, durch Messbarkeit und Terminierung sowie
  • in der Möglichkeit bei Beschäftigten durch kooperativen Charakter von Zielvereinbarungen Akzeptanz und Motivation herzustellen.
Beispielsweise hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für die Gestaltung der Umsetzung von GM eine entsprechende Zielvereinbarung beschlossen.

Der Nutzen von Zielvereinbarungen als Mittel der Gesamtsteuerung kommt dann am besten zum Tragen, wenn auf alle Ebenen innerhalb einer Verwaltungseinheit Zielvereinbarungen abgeschlossen werden, also
  • zwischen Behördenleitung und Abteilungsleitung zu strategischen Zielen
  • zwischen Abteilungsleitung und Führungskräften zu operativen Zielen und
  • zwischen Führungskräften und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu fachlichen Zielen.
Die Steuerungswirkung entfaltet sich am besten, wenn ein derart umfassendes Zielsystem in der Organisation verankert ist. 

Die Steuerungswirkung von Steuerung durch GM-Instrumente, wie z. B. die Arbeitshilfe der Bundesregierung „ Geschlechterdifferenzierte Gesetzesfolgenabschätzung“
 liegt u.a. darin, dass durch die in Instrumenten vorgegebenen Arbeitsschritte für alle Beschäftigten fachliche Standards gesetzt werden. Die Ermittlung gleichstellungspolitischer Auswirkungen bei Gesetzen gilt dann für alle gleichermaßen als Kriterium für gute Arbeit. Damit werden auch Arbeitsabläufe vereinheitlicht und systematisiert. Dies wiederum trägt in der Regel zur Qualitätsverbesserung von Arbeitsergebnissen bei. Zugleich erleichtern GM-Instrumente die Umsetzung in die fachliche Arbeit, weil sie eine Art „Umsetzungshilfe“ der theoretischen Implikationen der Strategie GM in die konkrete Facharbeit leisten. Bei einer dauerhaften Anwendung eines GM-Instrumentes wird auch nachhaltig Gender-Kompetenz entwickelt, weil die Anwendenden lernen, die für die Förderung von Gleichstellung fachgemäßen Fragen zu stellen und zu beantworten. 

Bisher werden zu selten die Vorteile von Steuerungsmitteln wie der Zielvereinbarung genutzt. Dies führt zum Teil dazu, dass der Implementierungsprozess ins Stocken geraten ist.  Da im Rahmen der Verwaltungsmodernisierung Zielvereinbarungen immer größere Verbreitung finden, ist zu hoffen, dass solche Steuerungsmittel auch vermehrt für die Umsetzung von GM eingesetzt werden.

In der Übergangsphase zur Regelpraxis sollte der Fokus auf der Steuerung durch spezielle Rahmenvorgaben liegen. Sie ist aber durch Steuerung durch Ergebniskontrolle zwingend zu ergänzen und zwar ressortintern und ressortübergreifend. Eine Ergebniskontrolle liefert die relevanten Informationen, die als Steuerungsinformationen notwendig sind, um Steuerungsmittel wie z.B. Zielvereinbarungen weiterzuentwickeln und zu optimieren. Hingegen ist zu beobachten, dass zum Teil nur durch Ergebniskontrolle gesteuert wird. Zumeist sogar nur ressortübergreifend durch die Abfrage aller Ressorts durch die interministerielle Arbeitsgruppe (IMA GM). Die dort zusammengetragenen Auskünfte können aber von der IMA GM wegen des Ressortprinzips nicht als Steuerungsinformationen in den weiteren Handlungskreislauf der Ressorts eingespeist werden. Diese Informationen werden damit unter Umständen nicht ausreichend von den Ressorts zur weiteren Steuerung genutzt. Der Vorteil der oben beschriebenen neuen Steuerung kommt damit kaum zum Tragen. Ergibt beispielsweise die IMA-Abfrage zur Anwendung von GM-Instrumenten, dass Beschäftigte diese aus bestimmten Gründen nicht anwenden, muss diese Information zur Optimierung des entsprechenden Instrumentes genutzt werden, um im Folgenden bessere Arbeitsergebnisse zu erzielen.

Ergänzend ist auch in dieser Phase immer wieder durch Information zu steuern. Zeigt sich beispielsweise im Rahmen einer Ergebniskontrolle, dass Instrumente zu wenig bekannt sind und deshalb die Qualität der Arbeit zu wünschen übrig lässt, ist diesem Mangel durch gezielte Information abzuhelfen.

Hat man den Übergang von der Einführungsphase in die Regelpraxis erfolgreich gestaltet, muss man trotzdem auch die Regelpraxis weiterhin steuern. Allerdings verschiebt sich hier der Fokus. Während in der Einführungsphase der Fokus auf Steuerung durch Information lag, in der Übergangsphase auf Steuerung durch spezielle Rahmenvorgaben liegt der Schwerpunkt nun auf der Steuerung durch Ergebniskontrolle. Selbstverständlich sind auch in der Regelpraxis die anderen Steuerungsformen zu bedienen, nur die Intensität der Steuerung verändert sich.

Steuerungsherausforderungen auf der fachlichen Ebene in der Übergangsphase
Alle Phasen der Umsetzung von GM weisen bestimmte Steuerungsherausforderungen auf. An dieser Stelle kann auf diese nur exemplarisch eingegangen werden.
Beispielsweise ist man in allen Phasen von GM mit der Ressourcenknappheit der öffentlichen Hand konfrontiert. Heutzutage muss die Verwaltung mit knappen Ressourcen bezogen auf Zeit, Geld und Personal die bestmöglichsten Arbeitsergebnisse erzielen. Auch wenn GM nicht ohne die Bereitstellung von Ressourcen zu implementieren ist, gilt es diese Rahmenbedingungen bei der Steuerung der Umsetzung von GM zu berücksichtigen. Wie können die Zuständigen für die Implementierung von GM trotz dieser Lage die Umsetzung von GM steuern und voranbringen? Nicht immer ist genügend Geld für eigentlich notwendige wissenschaftliche Begleitung oder externe Beratung zu bestimmten Vorhaben vorhanden. Eine Möglichkeit ist hierbei Expertinnen und Experten, Verbände, Nichtregierungsorganisationen sowie Zivilgesellschaft insgesamt stärker zu beteiligen. Dies entspricht zum einen den Anforderungen an mehr demokratische Teilhabe im Sinne von „good governance“ und ermöglicht zum anderen der Verwaltung einen zusätzlichen Informationsgewinn.
Denkbar ist es beispielsweise auch bereits geplante Vorhaben, wie z. B. Gesetzesvorhaben, Berichte, Forschungsvergaben als Anwendungsvorhaben für GM im Rahmen von Zielvereinbarungen auszuwählen. GM soll nicht kostenintensive Sonderaufgaben schaffen, sondern die Erfüllung bestehender Aufgaben verbessern. Dies entspricht zudem dem Anspruch von GM, Gleichstellungsorientierung im „mainstream“ zu verankern.
Zielvereinbarungen als Steuerungsmittel eignen sich darüber hinaus zur Thematisierung von bestehenden Akzeptanzproblemen bei Beschäftigten. Der für Zielvereinbarungen erforderliche Vereinbarungsprozess ermöglicht Widerstände positiv aufzugreifen und durch eine gemeinsame Vereinbarung aufzulösen. Dieses Vorgehen kann zu einer schnelleren und motivierteren Umsetzung der gemeinsamen Planung führen.
Widerstände gegen GM beruhen zum Teil auch auf dem individuellen Gefühl der Überforderung, die relativ neue Strategie GM in die tägliche Arbeit zu integrieren. Diesem Problem begegnet man am ehesten mit Schulungsangeboten. Angesichts der oben erwähnten knappen Ressourcen ist hier nicht nur an spezielle Schulungen zu GM zu denken. Auf lange Sicht lohnt es sich vielmehr Gleichstellungsorientierung in die allgemeinen Schulungsangebote zu integrieren. Gutes und für Gleichstellung motiviertes Personal benötigt integrierte Schulungsangebote, die im Rahmen von Steuerungsüberlegungen zu GM bei den zentralen Fortbildungseinrichtungen der Länder einzufordern sind.

Eine schriftliche Fassung dieses Vortrages finden Sie hier als druckfreundliche pdf-Datei sowie in Form einer Powerpointpräsentation.

SL/PA
erstellt von Administrator zuletzt verändert: 10.05.2012 08:49