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Dokumentation der Fachtagung: „Indikatoren für die Gleichstellungspolitik“

Fachtagung des GenderKompetenzZentrums an der Humboldt-Universität zu Berlin am 20. Mai 2010

 

Nationale, europäische und internationale Politik kommt heute nicht mehr ohne den Bezug auf Statistiken aus. Dies gilt auch für die Gleichstellungspolitik: Wenn sie sich auf empirische Untersuchungen stützt, gründet sich Gleichstellungspolitik auf die Analyse tatsächlicher gesellschaftlicher Zusammenhänge. Bestenfalls bleibt Gleichstellungspolitik dann auch nicht nur ein rhetorisches Ideal, sondern verpflichtet sich auf bestimmte Ziele, deren Erreichung mess- und überprüfbar ist.
Indikatoren kommen damit wichtige Schlüsselpositionen zu: Zum einen zwingt die Bildung von Indikatoren zu einer Auswahl von Daten, die diesen zu Grunde gelegt werden sollen. Das trägt entscheidend dazu bei, die Gleichstellungsziele zu klären, die eine Politik verfolgt. Zum anderen wird erst durch Indikatoren eine Interpretation der Daten möglich, die statistisch erhoben werden. Das  erlaubt es, Politik auf tatsächliche gesellschaftliche Phänomene zu beziehen. Damit verabschiedet sich Gleichstellungspolitik von einer Orientierung an Stereotypen oder paternalistischen Leitbildern.
Indikatoren für eine Gleichstellungspolitik müssen also zeigen können, wie bestimmte gesellschaftliche und politische Interaktionen unter bestimmten Bedingungen dazu führen, dass Gleichstellung gefördert wird. Zwar sind mittlerweile alle Politikfelder dem Grundsatz des Gender Mainstreaming verpflichtet, insofern in Deutschland mehrfach und auch rechtlich verbindlich vorgegeben ist, Politik insgesamt jedenfalls zu Gunsten der Gleichstellung von Männern und Frauen zu gestalten (genannt seien das Grundgesetz, das Gleichstellungsdurchsetzungsgesetz und die Geschäftsordnung der Bundes­regierung). Daher darf gerade die Gleichstellungspolitik hier nicht in einen Selbstwiderspruch geraten: Sie muss mit gutem Beispiel zur Bildung und Nutzung gleichstellungsorientierter Indikatoren voran- und weiter gehen.
Die Fachtagung des GenderKompetenzZentrums an der Humboldt-Universität zu Berlin am 20. Mai 2010 versuchte, sich dieser Aufgabe zu stellen. Diskutiert wurden die Art und die Entwicklung von Indikatoren für die Gleichstellungspolitik in ihrer politischen, theoretischen und statistischen Dimension.
Der große Kreis aus Interessierten aus den Bundes- Landes- und Kommunalverwaltungen, der Zivilgesellschaft, wissenschaftlicher Einrichtungen und einigen Privatpersonen machte deutlich, wie wichtig es ist, Gleichstellungs­politik auf diese Weise konkret und damit sicht- und nachvollziehbar zu machen.

In einem „Plädoyer für Indikatoren in der Gleichstellungspolitik“ wies Alexander Nöhring, wissenschaftlicher Mitarbeiter am GenderKompetenzZentrum, auf die Notwendigkeit der politischen Richtlinienentscheidung vor Beginn des Prozesses der Indikatorenbildung hin. Vor allem drei wichtige Funktionen, die bereits bei den UN-Frauenkonferenzen 1985 (Nairobi) und 1995 (Peking) formuliert worden waren, kämen solchen Indikatoren dabei zu: Die Information von politischen Entscheidungsträger_innen und der Öffentlichkeit, die Evaluation gleichstellungspolitischer Maßnahmen und zu Beginn die Planung von Gleich­stellungspolitik und damit verbunden die Formulierung politischer Zielsetzungen im Bereich Gleichstellung. In diesem Sinne seien Indikatoren ein Teil von Gleichstellungs-Governance, indem sie als ein politisches Informations- und Steuerungsinstrument fungieren. Vor dem Hintergrund der Pläne der Bundes­regierung, einen Rahmenplan für die Gleichstellungspolitik zu entwerfen, sollten Indikatoren, die diesem Plan zu Grunde gelegt werden, dynamische Übergänge im Lebensverlauf erfassen können, intersektional ausgerichtet sein, inter­nationale Vergleiche zulassen und schließlich regelmäßig veröffentlicht werden.

Dr. Andrea Leitner vom Institut für Höhere Studien Wien führte unter dem Titel „Vom Sex Counting zu Gleichstellungsindikatoren. Indikatoren und Zielsetzungen in der Gleichstellungspolitik“ die politische Dimension von Indikatoren in der Gleichstellungspolitik weiter aus. Ausgehend von der Grundannahme, dass Indikatoren immer auch Wirklichkeit konstruieren (in diesem Sinne wie eine „Landkarte“ für Gleichstellung funktionieren, in dem markante Punkte ausgewählt hervorgehoben werden) stelle sich, so die Vortragende, die Frage nach den politischen Zielsetzungen an zentraler Stelle. Dass verschiedene Indikatoren bzw. Indizes immer zu unterschiedlichen Ergebnissen in der Darstellung kommen würden, auch wenn sie sich auf den gleichen Sachverhalt beziehen (bspw. Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt), dies sein kein Zufall; sie orientieren sich an je unterschiedlichen politischen Vorgaben. So müsse die Reflexion über die angestrebten Gleichstellungsziele immer an erster Stelle stehen. Als Orientierungsmarken schlug Frau Leitner eine Dreiteilung feministischer Ansätze vor: 1) Den Gleichheitsansatz, der Frauen zwar gleiche Rechte sichern wolle, die Norm jedoch männlich setze, 2) den Differenzansatz, der die Unterschiedlichkeit von Ge­schlechtern betont, jedoch gleiche Chancen propagiert und schließlich 3) den Transformationsansatz, der eine grundsätzliche Verschiebung der Sicht auf Geschlecht erreichen und Geschlechterverhältnisse gesamtgesellschaftlich ausbalancieren will. Ziel dieses dritten Ansatzes sei es, Geschlechterstereotypen entgegenzuwirken, geschlechtshierarchische Strukturen aufzudecken und unterschiedliche Lebensverläufe und Lebenslagen wahrzunehmen. Die politische Praxis bleibe jedoch bislang deutlich hinter diesem Ansatz zurück. Ein Grund dafür sei, dass nach wie vor große Datenlücken zur Darstellung weiblicher Lebenssituationen bestünden und häufig eine Vorgehensweise vorherrsche, die zunächst nach vorhandenen Daten und dann nach den Möglichkeiten ihrer Darstellung frage. Auf diese Weise würden aber nicht, wie eigentlich wünschens­wert, Politik die Indikatoren, sondern Indikatoren die Politik bestimmen.

Ein Beispiel für das Vorhandensein großen und recht differenzierter gesellschaftlicher, auch gleichstellungsorientierter, Daten lieferte Dr. Elke Holst vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in ihrer Darstellung von „Indikatoren für die Gleichstellung am Arbeitsmarkt am Beispiel Frauen und Männer in Führungspositionen“. Ziel des Führungskräfte-Monitors, der auf Daten des Sozio-ökonomischen Panels (SoEP) basiert, sei es, in einfachen Querschnitts-Gegenüberstellungen und in Kombination mit Schwerpunktanalysen zu bestimmten Themenbereichen ein möglichst umfassendes und repräsentatives Bild der Teilhabe von Frauen und Männern in Führungspositionen in der Privatwirtschaft abzubilden. Insgesamt würden hierfür 50 Einzelindikatoren in acht Kerngrößen zusammengefasst, die sich nicht nur eng an Arbeitsmarkt bezogenen Faktoren orientieren, sondern auch innerfamiliäre und Haushalts­bereiche mit einbeziehen. So zeige sich, dass die geschlechtsspezifische Segregation auf dem Arbeitsmarkt für Frauen abnehme, je stärker sie in der Hierarchie steigen, für Männer dagegen gleich hoch bleibe. Der insgesamt große Datensatz des SoEP habe den Vorteil, dass relativ leicht bestimmte Indikatoren expandiert (bspw. durch stärkeren Einbezug qualitativer Analysen) und/oder in Sub-Dimensionen (bspw. zum Anteil an der Erwerbsarbeit, der Teilhabe an Verdienst, der Entscheidungsmacht oder der Haus- und Familienarbeit) weiter ausgebaut werden könnten.

Im Anschluss wurde die Indikatorendiskussion von Dr. Irene Becker, freie Wissenschaftlerin und Gutachterin, erweitert. Sie berichtete über „Konzept und Indikatoren der Armutsberichterstattung – Stand und Entwicklungsmöglichkeiten unter gleichstellungspolitischen Aspekten“. Da die Armutsberichterstattung das Paradigma des Haushaltseinkommens als Bemessungsgrundlage zunehmend hinterfrage, ergäben sich spannende Ansatzpunkte für die Diskussion um Indikatoren für die Gleichstellungspolitik. Grundsätzlich basiere, so die Referentin, die Armutsberichterstattung auf drei Konzepten: 1) Die Berücksichtigung materieller Ressourcen (Einkommen, Vermögen) als Kernindikatoren für Teilhabemöglichkeiten, 2) der Lebenslagen­ansatz, welcher daneben auch die sozialen Folgen von Armut (Ausschluss aus bestimmten Lebensweisen) berücksichtige und 3) das Konzept der Verwirk­lichungschancen („Capabilities“) nach Amartya Sen, welches zudem die Bedingtheit verschiedener Lebenslagen mit in den Blick nehme. Für alle drei Konzepte sei dabei ein relativer Armutsbegriff grundlegend. Besonders aus diesem dritten und am weitesten gehenden Konzept ergäben sich vier Analysebereiche, die auch bei der Messung und Darstellung von Gleichstellung wichtig sind: a) institutionelle Rahmenbedingungen bzw. gesellschaftliche Umwandlungsfaktoren, b) individuelle Umwandlungsfaktoren, c) gesellschaftliche Normen (Verwirklichungschancen) und d) Teilhabeergebnisse (Einkommen, soziale Mobilität etc.). Um diese Bereiche entsprechend umfangreich abzubilden sei es wichtig, ausreichend gute Daten zu haben, um konsistente Zeitreihen bilden zu können. Dies sei nicht immer der Fall bzw. seien auch nicht immer alle verfügbaren Datenquellen ausreichend gesichtet (bspw. Lebensdaten, die der Rentenversicherung vorliegen).  Zusammenfassend formulierte Irene Becker den aus ihrer Sicht notwendigen Bedarf an Forschung und entsprechend ergänzte Indikatoren: a) Die Einbindung von Evaluationsforschung in die Darstellung von Verwirklichungschancen, b) das Aufzeigen von Wirkungen des Haushalts­kontextes auf einzelne Mitglieder, c) eine integrierte Analyse von Einkommen und Vermögen, die Kummulation von Problemlagen und schließlich d) die Darstellung von Lebensverläufen als Hintergrund aktueller Problemlagen. In der anschlie­ßenden Diskussion wurde drüber hinaus deutlich, dass vor allem der Einbezug von Evaluationsforschungen (bspw. Gesetzesfolgenabschätzungen) Indikatoren zu einem sinnvollen politischen Regelungsinstrument machen könnten.

Julia Weinmann vom Statistischen Bundesamt konnte persönlich zwar nicht über „Gender Mainstreaming in der amtlichen Statistik“ berichten, stellte ihre Präsentation und eine Zusammenfassung (Vortrag) aber für die vorliegende Dokumentation zur Verfügung.

Abschließend diskutierte Dr. Friederike Habermann, freie Wissenschaftlerin, das Problem: „Genderindikatoren. Eine kritische Bestandsaufnahme aus intersektionaler Perspektive“. Ausgehend von der mittlerweile in den Gender Studies wohl etablierten Feststellung, dass es „die Frau“ als essentialistische Konstruktion nicht gibt, klärte sie zunächst über den Begriff der „Intersektionaliät“ auf: Ähnlich dem Bild eines Unfalls auf einer Kreuzung liegt eine intersektionale Diskriminierung vor, wenn eine Person auf Grund verschie­dener zusammenwirkender Persönlichkeitsmerkmale Opfer von Diskriminierung wird. In diesem Sinne sei es wichtig, so Friederike Habermann, Identitäten nicht als statisch, sondern immer als Ergebnis eines Prozesses zu verstehen, also mitzudenken, dass legislative, wirtschaftspolitische und andere staatliche Poli­tiken für die Konstituierung von Identität maßgeblich sind. Und dies gelte ebenso für die Identitätskategorien „Männer“ und „Frauen“. An verschiedenen Beispielen (allein lebende Frauen über 65, Kinder mit migrantischem Hintergrund, Homo­sexuelle) zeigte die Referentin auf, wie diese staatliche Rolle beispielsweise durch „Entnennungen“ bzw. nicht-Beachtung ausgefüllt wird. Indikatoren in der Gleichstellungspolitik sind damit vor ganz besondere Herausforderungen gestellt: Auf der einen Seite basieren sie auf Daten, die auf Grund von (staatlichen) Gruppenzuschreibungen gesammelt wurden, auf der anderen Seite diskri­minieren aber genau diese Zuschreibungen immer wieder aufs neue, indem viele Faktoren, auf Grund derer Menschen Benachteiligung erfahren, ausgeblendet bleiben. Zwar sei, so Habermann, eine intersektionale Statistik in sich ein Paradox, jedoch sei es durchaus möglich, Indikatoren so zu gestalten, dass sie gegenüber solchen Diskriminierungen sensibel bleiben: a) Ein Ist-Zustand sollte nicht als Norm gesetzt (wie bspw. die aktuelle Teilzeitbeschäftigung, so geschehen im aktuellen Atlas zu Gleichstellung der Bundesregierung – eher sollte das politisch Wünschenswerte die Norm sein), b) ein Durchschnittswert nicht als Maß genommen (hierdurch werden wichtige Abweichungen bestimmter Menschen negiert), c) Gender-Ungleichheit nicht als absolut gesetzt (d.h. nicht allein anhand von „Männern“ und „Frauen“ unterschieden), d) Reproduktionen von Gruppenbildungen (bspw. bei ethnischer Herkunft) wenn möglich vermieden, e) dynamische Perspektiven mitgedacht, f) die Interpretation der Daten in einem theoretisch und methodisch abgesicherten Prozess gestaltet, g) implizierte Normen (bspw. eine „männliche“ Norm) reflektiert und offengelegt, h) lebensweltliche Faktoren stärker einbezogen (und bspw. nicht auf arbeitsmarkt-orientierte Faktoren verengt) und i) subjektive Faktoren (Selbstbeschreibungen der Befragten) stärker einbezogen werden.

Zum Abschluss der Fachtagung wagte Alexander Nöhring vom GenderKompetenzZentrum eine Zusammenfassung. Ausgehend von der Fest­stellung Andrea Leitners, dass Indikatoren auch dazu beitragen, Wissen zu und über Geschlecht zu konstruieren (i.S. der Erstellung von „Landkarten“) sei es immer wieder wichtig darauf hinzuweisen, dass am Anfang jeden Prozesses zur Indikatorenbildung die politische Zielformulierung stehe. Ein zentrales und in feministischer Tradition stehendes Ziel sei dabei die Ermöglichung und Erhöhung der Partizipation von Menschen an Entscheidungen im individuellen und gesellschaftlichen Kontext. Denn eine zentrale Aussage der Fachtagung sei: Nicht nur beeinflussen Indikatoren die Politik, sondern die Politik beeinflusse immer auch Indikatoren. So sei es wichtig, dass ausreichend Daten zu einer Vielzahl von Lebensbereichen zur Verfügung stünden. Und dass komplexe Datensätze nicht zwangsläufig zu Unübersichtlichkeit führen, dies beweise eindrucksvoll die Darstellung des SoEP. Diese Komplexität sei aber auch in theoretischer Hinsicht geboten: Das Konzept der Verwirklichungschancen, auf das die neuere Armutsforschung aufbaut, versuche eben gerade Menschen in ihren unter­schiedlichen Lebensbereichen sowie die gegenseitige Bedingtheit dieser Bereiche zu erfassen. Dies führe notwendiger Weise zu einer intersektionalen Perspektive: Indikatoren stellen nicht nur Geschlecht her („doing gender“), vielmehr geschehe dies immer in Abgrenzungsprozessen („doing difference“), d.h. in Form machtpolitischer Unterscheidungen (bspw. wer „Mann“, wer „Frau“ ist bzw. wer von einer Gleichstellungspolitik erfasst wird und wer nicht). So sei klar, dass sich Indikatoren in der Gleichstellungspolitik nicht allein auf Geschlecht beziehen könnten und dass sie dies auch nicht immer täten, dies werde ebenfalls durch das SoEP gezeigt. Zum Schluss unterstrich Alexander Nöhring nochmals die grundlegende Aussage, dass Indikatoren immer (nur) Näherungswerte seien und niemals die Vielfalt menschlichen Lebens voll erfassen könnten.

Schritte zur Bildung von Indikatoren

für die Gleichstellungspolitik


Während der Fachtagung wurden Möglichkeiten der Darstellung und Grenzen der Indikatorenbildung diskutiert. Nun ist es wichtig zu überlegen, wie weitere Schritte aussehen könnten, um Indikatoren zu entwickeln, die in einem Rahmenplan für die Gleichstellungspolitik der Bundesregierung nachhaltig imple­mentiert werden.
Eine wichtige Orientierung bietet der bereits 1996 von Statistics Sweden  herausgegebene Band „Endgendering Statistics. A Tool for Change“,1 auf den sich sowohl Dr. Andrea Leitner als auch Alexander Nöhring in ihren Vorträgen zur Fachtagung bezogen. In Anlehnung an den dort vorgeschlagenen Weg zur Bildung von Indikatoren für die Gleichstellungspolitik müssten nun folgende Schritte gegangen werden:


1. Darzustellende Gleichstellungsziele festlegen und kommunizieren
Erster und wichtiger Schritt in der Indikatorenbildung ist die Festlegung, welche gleichstellungspolitischen Ziele genau durch Indikatoren dargestellt werden sollen. Wie bei der Fachtagung deutlich wurde, beeinflussen nicht nur Indikatoren die Politk, sondern die Auswahl der Indikatoren beruht mindestens ebenso stark auf einer politischen Agenda.
Dabei muss genau bedacht werden, das an sich alle Menschen von Gleichstellungspolitik erfasst werden sollen – die Gleichheitsrechte gelten mit Blick auf jede Diskriminierung. Daher stellt sich die Frage, wie intersektional, d.h. wie nah an den tatsächlichen Lebensverhältnissen der Menschen diese Politik bzw. die Indikatoren ausgerichtet werden.
Die Entscheidung über die Ziele kann politische Vorgabe sein, aber auch partizipativ erfolgen. Sie kann – wie in Österreich unter Dr. Ilse König, die auch in Deutschland für Beratung und Moderation zur Verfügung stünde - insbesondere unter Einbeziehung verschiedener NROs, Verbände, Unternehmen etc. gestaltet werden. Partiziaption sichert Akzeptanz, wenn dann auch die Auswahl der Ziele, die in der Verantwortung der Politik liegt, kommuniziert und so für die Diskussion einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird.


2. Aufstellen der Indikatoren
Auf die Zielfestlegung folgt die Aufstellung der Inidkatoren. Dabei sollte gleichstellungspolitische, wissenschaftliche und insbesondere auch statistische Expertise zusammen kommen, um sinnvolle, transparente und klar voneinander unterscheidbare Indikatoren zu entwickeln. Ebenso ist es wichtig, bereits bestehende Maßnahmen zu evaluieren und die Ergebnisse dieser Evaluationen in die Auswahl der Indikatoren mit einzubeziehen. Dazu kommt der Aspekt der europäischen und auch globalen Vergleichbarkeit der Indikatoren, da mittlerweile Gleichstellung ein weltweit gemessenes Poilitikziel – nicht zuletzt auf Grund menschenrechtlicher Verpflichtungen – darstellt. 


3. Relevante Daten identifizieren, ggf. neue Datenaufträge vergeben
Stehen die Indikatoren fest, so müssen relevante Daten zur ihrer Darstellung identifiziert werden. Diese basieren zu großen Teilen auf Datensätzen der amtlichen Statistik. Darüber hinaus existieren sehr viele quantitative und  qualitative Daten zu Einzelthemen, die von Verbänden, NROs, wissenschaftlichen Einrichtungen etc. z.T. bereits regelmäßig erhoben werden. Daher müsste eine Übersicht verfügbarer Daten erstellt werden. Reichen diese Daten für die Abbildung der Indikatoren nicht aus, müssten von Seiten der Politik neue Datenaufträge (bspw. an das Statistische Bundesamt) vergeben werden. Auch hier ist die Qualität der Daten entscheidend, weshalb klare Kriterien für die Erhebung und Darstellung der Daten vorliegen müssen. Z.B. sollten diese Daten in konsistenten Zeitreihen existieren, um Dynamiken und Lebensverläufe abbilden zu können. Selbstverständlich dürfte in diesem Bereich sein, dass die Beteiligten über erhebliche Genderkompetenz verfügen müssen, also sowohl geschlechtsspezifische Daten auch als Daten zu intersektionalen oder Mehrfach-Diskriminierungen bearbeiten können müssen. 


4.Indikatoren kommunizieren
Gerade gleichstellungspolitische Indikatoren müssen in geeigneter, über­sichtlicher, die Komplexität der Problemlagen nicht verschweigender Art und Weise dargestellt und öffentlich gemacht werden. Nur so ist ein Austausch und eine spätere Evaluierung der Umsetzung angestrebter Gleichstellungsziele möglich. Nur so ist aber auch in einem Feld multikausaler Problemlagen Akzeptanz für Gleichstellungspolitik zu erzielen. 

 

Erarbeitet von Alexander Nöhring

 

Sie können die Zusammenfassung dieser Fachtagung auch als druckfreundliche PDF-Datei herunterladen.

erstellt von pdimitrova zuletzt verändert: 12.07.2010 14:22