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Daten über die Entwicklung von Gleichstellung

Daten über die Entwicklung von Gleichstellung

Ökonomische Unabhängigkeit

Mit einer Erwerbstätigenquote von 58,7% (Anteil der erwerbstätigen Personen an der Gesamtbevölkerung von 15 bis 64 Jährigen) bildet Italien zusammen mit Ungarn (57,3%), Malta (55,7%) und Polen (57,0%) das Schlusslicht im EU-Ländervergleich. Während sich 2007 die Erwerbstätigenquote der Männer mit 70,2% nur knapp unter dem EU-Durchschnitt (72,5%) befand, lag die der Frauen mit 46,6% mitaus niedriger (EU-27: 58,3%). Zwar ist die Erwerbstätigkeit von Frauen seit 1996 um rund 10% gestiegen, doch hat Italien nach Malta (36,9%) EU weit die zweit niedrigste Frauenerwerbsquote (Eurostat 2008: 3). Aufgrund des wirtschaftlichen Nord-Süd-Gefälles bestehen gravierende Unterschiede bezüglich der Beschäftigungssituation in den einzelnen Regionen. So weist der Norden, durch seine Vielzahl an Industrien (z. B. Automobilindustrie) das Wirtschaftszentrum Italiens, mit 66,9% die höchste Erwerbstätigenquote auf (57,0% Frauen, 76,6% Männer) und übersteigt damit den Landesdurchschnitt um 8,2%. Auch Mittelitalien ist dank des Tourismus und der ansässigen Textil-, Schuh- und Möbelproduktion wirtschaftlich gut gestellt und erzielt eine ähnlich hohe Erwerbstätigenquote wie der Norden von 62,9% (52,4% Frauen, 73,4% Männer). Dagegen fällt der strukturschwache Südteil mit einer Erwerbstätigenquote von 47,0% (31,2% Frauen, 63,2% Männer) deutlich zurück. Während die Regionen Nord- und Mittelitaliens das Lissabon-Ziel, das eine Frauenbeschäftigungsquote von 60% in allen Mitgliedstaaten bis 2010 vorsieht, schon fast erreicht haben, liegt es für die Regionen Süditaliens noch in weiter Ferne (ISTAT 2008).
Durchschnittlich arbeiteten die Frauen in Vollzeitbeschäftigung 36,9 Stunden pro Woche (Durchschnitt EU-27 39,3 Stunden) bei einer Beschäftigungsquote in Vollzeitäquivalenten von 41,4% (Kümmerling / Jansen / Lehndorff 2008).
Angesichts der niedrigen Gesamterwerbstätigkeit ist auch die Erwerbstätigenquote der 55 bis 64 Jährigen entsprechend niedrig. Sie beträgt insgesamt 33,8%, davon sind 23,0% Frauen und 45,1% Männer. Auch hier macht sich das Nord-Süd Gefälle bemerkbar (Eurostat 2008: 3, 6).

Wie in anderen Mitgliedstaaten nimmt auch in Italien die Erwerbstätigenquote von Frauen mit Kindern unter 12 Jahren ab, wohingegen die der Väter konstant bleibt bzw. sogar steigt. Erst mit einer Kinderzahl von drei und mehr sinkt auch die Erwerbstätigkeit von Vätern etwas ab. Generell ist zu beobachten, dass sich die Anzahl und das Alter der Kinder negativ auf die Erwerbstätigenquote der Mütter auswirken. So waren in Italien 2003 ungefähr 50% der Mütter im Alter von 20 bis 49 Jahren erwerbstätig (Väter ca. 92%). Ca. 55% der Mütter hatten ein Kind (Väter ca. 94%), ca. 47% zwei Kinder (Väter ca. 94%) und ca. 35% drei und mehr Kinder (Väter ca. 92%) hatten. Obwohl Italien im EU-Vergleich neben Malta, Ungarn, Spanien, Griechenland und der Tschechischen Republik die niedrigste Erwerbsquote von Frauen mit Kindern aufweist, ist es das einzige Land, wo das Alter der Kinder innerhalb der ersten zwölf Lebensjahre keinen Einfluss auf die Müttererwerbstätigkeit hat. Die Erwerbstätigenquote ist für alle Altersstufen (0 bis 2 Jahre, 3 bis 5 Jahre, 6 bis 11 Jahre) gleich hoch (50%). Eine bedeutende Rolle in diesem Zusammenhang spielt zudem das Bildungsniveau der Frauen. Je höher das Bildungsniveau, desto häufiger bleiben Frauen mit Kindern im Alter von 20 bis 49 Jahren erwerbstätig. Mütter mit einem Abschluss der Sekundarstufe I und II sind in Deutschland häufiger erwerbstätig als in Italien, wohingegen Mütter mit einem Fach-/Hochschulabschluss in Italien öfter einer Erwerbsarbeit nachgehen als in Deutschland. Von den Müttern mit einem Fach-/Hochschulabschluss, die einer Beschäftigung nachgingen, hatten 80% ein oder zwei Kinder (Deutschland 76%) und 73% drei und mehr Kinder (Deutschland 56%). In Deutschland betrug die Erwerbstätigenquote von Müttern 2003 60%, wovon 25% in Vollzeit und 35% in Teilzeit arbeiteten. In Italien lag die Teilzeitbeschäftigung von Müttern bei 15% und die Vollzeitbeschäftigung bei 35% (Eurostat 2005: 1-5).

2005 lag die Erwerbstätigenquote von Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit im Alter von 15 bis 64 Jahren bei 65,4%, während die der Personen mit italienischer Staatsangehörigkeit nur 57,4% betrug. Sowohl ausländische Männer (79,3%) als auch ausländische Frauen (51,3%) waren durchschnittlich häufiger erwerbstätig als Männer und Frauen mit italienischer Staatsangehörigkeit (Frauen 45,4%, Männer 69,4%). Eine Ausnahme bildeten die Regionen Norditaliens. Dort überstieg die Erwerbstätigenquote der Frauen italienischer Staatsangehörigkeit (55,6%) die der Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit um 5,2% (ISTAT 2005: 1-8).

Im Vergleich zu Ländern wie Deutschland (26%), Schweden (25%), Großbritannien (25%), den Niederlanden (46,8%), aber auch Frankreich (17,2%) weist Italien 2007 mit 13,6 % eine eher niedrige Teilzeitbeschäftigungsquote auf. Der Anteil der teilzeitbeschäftigten Frauen beträgt 26,9% (teilzeitbeschäftigte Männer 5,0%). Zwischen 1997 und 2007 hat sich die Teilzeitbeschäftigungsquote von Frauen um 13,5% erhöht. Im gleichen Zeitraum ist für die Quote der teilzeitbeschäftigten Männer ein Anstieg von 1,3% zu verzeichnen. Im Schnitt arbeiteten Frauen in Teilzeitbeschäftigung 21,9 Stunden pro Woche (Durchschnitt EU-27 20,4 Stunden) und Männer 22,4 Stunden (Durchschnitt EU-27 19,2 Stunden) (Eurostat 2008: 3,6).

Die Arbeitslosenquote Italiens ist in den letzten Jahren massiv zurückgegangen. 1997 war Italien das Land mit der dritt höchsten Arbeitslosenquote (11,3%) in der EU. 2007 waren noch 6,1% der Erwerbsbevölkerung im Alter von 15 bis 74 Jahren arbeitslos. Damit lag Italien 1% unter dem EU-Durchschnitt. Vor allem die Frauenarbeitslosenquote ist in diesem Zeitraum um mehr als die Hälfte zurückgegangen. 1997 waren noch 15,3% der Frauen ohne Arbeit, während es 2007 lediglich 7,9 % waren. Die Arbeitslosenquote der Männer ist zwischen 1997 und 2007 von 8,7% auf 4,9% gesunken (Eurostat 2008). Ebenso wie bei der Erwerbstätigenquote bestehen auch bei der Arbeitslosenquote regionale Unterschiede. In Süditalien waren Frauen (14,1%) und Männer (8,3%) häufiger arbeitslos als in Mittelitalien (Frauen 6,3%, Männer 3,5%) und Norditalien (Frauen 4,6%, Männer 2,2%). Jugendarbeitslosigkeit (Personen im Alter von 15 bis 24 Jahre) stellt ein großes Problem in Italien dar. Am stärksten sind junge Frauen und speziell die aus den südlichen Regionen davon betroffen. Während die Arbeitslosenquote der jungen Frauen in Süditalien 36,2% betrug (Männer 25,1%), lag diese in Mittelitalien bei 21% (Männer 15%) und in Norditalien bei 13,9% (junge Männer 9,8%) (Istat 2007). 2005 waren 11,5% der Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit ohne Arbeit (Frauen 16,3%, Männer 8,2%) (Istat 2005).

Schaut man sich die Statistik an, ist das Ziel der Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern in Italien in greifbarer Nähe. Der Gender Pay Gap (geschlechtsspezifische Lohndifferenz) betrug 2005 nur 9% (Durchschnitt EU-27 15%). Damit befindet sich Italien auf Platz 4 im EU-27-Vergleich zusammen mit Portugal und Griechenland. Doch der Schein trügt: angesichts der niedrigen Frauenerwerbstätigkeit sind die Frauen, die auf dem Arbeitsmarkt in Erscheinung treten, in der Regel nicht unqualifiziert oder gering qualifiziert, sondern überwiegend gut bzw. hochqualifiziert mit entsprechend hohem Einkommen. Diese Gruppe von Frauen wird in den statistischen Berechnungen mit der Gruppe der Männer, die alle Qualifikationsniveaus und Einkommensstufen enthält, verglichen. Der niedrige Gender Pay Gap ist somit eine statistische Verzerrung durch eine selektive Stichprobenauswahl, bei der bestimmte Gruppen, nämlich die der gering- und unqualifizierten Frauen, in der Stichprobe unterrepräsentiert sind (Sample Selection Bias) (KOM (2007) 424: 5, 22).

Arbeitsteilung

Obwohl die Erwerbsbeteiligung von Frauen in den letzten 10 Jahren sichtbar gestiegen ist und die italienische Regierung im Jahr 2000 ein neues Gesetz zu Regelung der Elternzeit verabschiedet hat, das sowohl Müttern als auch Vätern eine finanziell gut abgesicherte und zeitlich flexible Auszeit zur Kinderbetreuung ermöglicht, ist die Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern weiterhin traditionell organisiert.

Italien hatte 2003 im EU-Ländervergleich mit 45% die zweit höchste Rate an Paaren im Alter von 20 bis 49 Jahren, die das männliche Familienernährermodell praktizierten. Bei 38% der Paare im Alter von 20 bis 49 Jahren waren beide Partner vollzeiterwerbstätig und nur 13% führten eine Beziehung, in der der Mann Vollzeit und die Frau Teilzeit arbeitete (Eurostat 2005: 5). Diese Arrangements bezüglich der Aufteilung der Erwerbstätigkeit werden durch die Situation auf dem Arbeitsmarkt reproduziert, da in Italien ein akuter Mangel an Teilzeitarbeit oder anderen familienfreundlichen Arbeitszeitmodellen (Telearbeit, Gleitzeit) herrscht. Zwar ist der Anteil der Teilzeitbeschäftigung an der Gesamterwerbsquote seit 2003 um 5% gestiegen, doch ist die Nachfrage immer noch höher als das tatsächliche Angebot. 2007 betrug der Anteil der Teilzeitarbeit 13,6% (Eurostat 2008). Frauen mit Kindern befinden sich daher häufig in dem Dilemma, zwischen Vollzeiterwerbstätigkeit oder Arbeitslosigkeit wählen zu müssen, da nur wenige und zudem teure Möglichkeiten externer Kinderbetreuung zur Verfügung stehen und oft nicht auf ein familiäres Netzwerk zurückgegriffen werden kann. Das erklärt auch die niedrige Erwerbstätigenquote von Frauen in Italien insgesamt. Teilzeitarbeit ist in Nord- und Mittelitalien (2002 18,1%) verbreiteter als in Süditalien (12,2%) (Villa 2005: 11, 16).

Care-Tätigkeiten wie die Betreuung von Kindern und älteren Familienangehörigen werden in Italien in erster Linie von der Familie und nicht vom Staat geleistet. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird gesellschaftlich in der Verantwortung der Frauen gesehen, weshalb erwerbstätige Mütter essentiell auf die Kinderbetreuung durch Familienmitglieder (in der Regel die Großeltern) angewiesen sind, besonders wenn die Kinder zwischen 0 und 3 Jahre alt sind. 2002 ließen mehr als 50% der berufstätigen Mütter ihre Kleinkinder von den Großeltern betreuen (Villa 2005: 5). Private und staatliche Kinderbetreuungsplätze für diese Altersgruppe sind nicht ausreichend vorhanden (2005 waren 7,4% der 0 bis 3 Jährigen in externer Kinderbetreuung) und die Verfügbarkeit in den Regionen ist unterschiedlich (in Nord- und Mittelitalien mehr als im Süden). Zudem sind sie sehr teuer (zwischen 400 und 500 Euro/Monat, Tendenz steigend), dafür aber zeitlich flexibel (Betreuungszeiten zwischen 9 und 11 Stunden/Tag, nahezu ganzjährig). Das Angebot an Plätzen in Kinderbetreuungseinrichtungen für die Altergruppe der 3 bis 5 Jährigen hingegen ist weitaus höher (2005 waren 95 % der 3 bis 5 Jährigen in externer Kinderbetreuung) und in ganz Italien annähernd gleich. Die Betreuungskosten sind auch wesentlich geringer: staatliche Einrichtungen sind kostenfrei, private Anbieter kosten zwischen 150 und 500 Euro/Monat. Allerdings sind die Betreuungszeiten unflexibel: 8 Stunden/Tag und über die Sommermonate geschlossen. Noch problematischer wird die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, wenn die Kinder in die Schule kommen. Die Grundschule beginnt um 8.30 und endet für Kinder im Alter von 6 bis 10 Jahren um 12.30, für Kinder im Alter von 11 bis 13 Jahre eine Stunde später um 13.30 (Villa 2005: 6-10).

Mütter, die sich für eine Erwerbstätigkeit entscheiden, gehen in der Regel einer Vollzeitbeschäftigung nach. Da sich das zeitlich mit einem Kind schon schwer vereinbaren lässt, entscheiden sich viele Frauen aus pragmatischen Gründen eher gegen weitere Kinder (Villa 2005: 6-10). 2007 hatten Frauen in Italien im Schnitt 1,34 Kinder, 2005 waren es durchschnittlich nur 1,26 Kinder (Eurostat 2008: 6).

Eine Studie zur Zeitverwendung aus dem Jahr 2006 ergab, dass Frauen, auch wenn sie erwerbstätig sind, weiterhin den Großteil der Hausarbeit verrichten. In Italien verbrachten Frauen bei einer durchschnittlichen Erwerbstätigkeit von 4:39 Stunden 3:51 Stunden mit Haushaltstätigkeit. Dahin gegen wendeten Männer bei einer durchschnittlichen Erwerbstätigkeit von 6:13 Stunden 1:10 Stunden für Haushaltstätigkeiten auf. Zusammengenommen verrichteten Frauen 8:30 Stunden an bezahlter und unbezahlter Arbeit pro Tag, wohingegen Männer nur 7:23 Stunden arbeiteten (Eurostat 2006: 8).

Die Elternzeit, die in Italien im Jahr 2000 neu eingeführt wurde, wird überwiegend von Frauen in Anspruch genommen - von 42,1% der Mütter mit mindestens einem Kind im Alter von 0 bis 8 Jahren. Nur 7% der Väter sind 2003 in den ersten 2 Lebensjahren ihres Kindes in Elternzeit gegangen. Der wesentliche Grund für Väter, nicht in Elternzeit zu gehen oder diese gar nicht in Erwägung zu ziehen, ist der Umstand, dass andere Familienangehörige (die eigene Frau, Großeltern, etc.) sich um die Kinderbetreuung kümmern (Villa 2005: 13-15).

Partizipation in Bildung, Wirtschaft und Politik

Im europäischen Vergleich fällt Italien bezüglich der politischen Partizipation von Frauen weit zurück. 2006 setzte sich die Abgeordnetenkammer aus 17,1% Frauen und 82,9% Männer zusammen. Im Senat waren 14% Frauen vertreten. Sowohl im Kabinett als auch im Senat lag der durchschnittliche Frauenanteil in der EU bei 23%. Ebenfalls 2006 waren 32% der Managerposten mit Frauen besetzt. In der Bildung haben die jungen Frauen ihre Altersgenossen überholt, so machten mehr junge Frauen als junge Männer das Abitur. Auch hinsichtlich der Hochschulabschlüsse sind Frauen erfolgreicher. 28,1% der 25 jährigen Frauen schlossen 2006 ein Hochschulstudium ab, wohingegen bei den 25 jährigen Männern der Anteil nur 19% betrug. In der Altersgruppe der 25 bis 34 Jährigen haben ungefähr 70% der Frauen und ungefähr 63% der Männer einen Fach-/Hochschulabschluss (Istat 2007).

Hannah Ulbrich

 

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erstellt von Administrator zuletzt verändert: 02.01.2010 20:06