Ziele des AGG

Ziele des AGG

Das Hauptziel des AGG ist es, Benachteiligungen aus Gründen

  • der „Rasse“ oder wegen ethnischer Herkunft,

  • des Geschlechts,

  • der Religion oder Weltanschauung,

  • einer Behinderung,

  • des Alters oder

  • der sexuellen Identität

zu verhindern oder zu beseitigen, § 1 AGG. Es geht also um den Schutz aller Menschen in ihrer Vielfalt vor Diskriminierung. Dieser Schutz soll für alle Menschen, die Teilhabe an und den Zugang zum Arbeitsmarkt sowie zu Gütern und Dienstleistungen ermöglichen: Niemand darf wegen seiner Hautfarbe, ihres Alters, ihres Geschlechts oder seiner religiösen Überzeugung von vornherein davon ausgeschlossen sein. Das AGG adressiert Benachteiligungen, denen bestimmte Menschen in der Gesellschaft typischerweise ausgesetzt sind, weil sie schwarz, weiblich und/oder behindert sind. Für die Betroffenen führt die erlebte Benachteiligung dazu, ihre formell vorhandenen Freiheitsrechte, wie etwa die Vertragsfreiheit, nicht wahrnehmen zu können, weil beispielsweise ein Vermieter mit einer Frau mit Migrationshintergrund und Kopftuch keinen Mietvertrag abschließen will. Das AGG dient somit der Herstellung der tatsächlichen Freiheit der unterschiedlichen Menschen in der Gesellschaft. Der Staat ist mit dem Erlass des AGG seiner Verpflichtung nachgekommen, Bedingungen zu schaffen, die einem strukturellen Ungleichgewicht von Vertragspartnerinnen und Vertragspartnern entgegenwirken, um so die tatsächliche Selbstbestimmung des Individuums zu ermöglichen.

Während des langen Gesetzgebungsverfahrens hat es viele kritische Stimmen gegeben. Es wurde von einem „Anschlag auf die Vertragsfreiheit“ gesprochen, der „Tod der Privatautonomie“ vorhergesagt und eine neue Tugendrepublik jakobinischen Ausma0es befürchtet. Diesen Befürchtungen liegt ein formales Freiheitsverständnis zu Grunde. Dieses geht davon aus, dass Vertragspartner ihre Interessen selbst am besten ohne fremde Hilfe bzw. Einmischung des Staates aushandeln können. Die Verwirklichung des formalen Rechts, Verträge abschließen zu können, wird den freien Kräften des Marktes überlassen (Wrase 2005). Dabei wird der normative Zusammenhang zwischen Freiheit und Gleichheit vor der Würde des Menschen übersehen. Beide Prinzipien gehören aufs Engste zusammen. Alle Freiheitsrechte – unabhängig davon, ob es sich um die Meinungs-, Handlungs- oder Religionsfreiheit handelt – gelten immer für alle Menschen gleichermaßen. Bielefeldt/Follmar-Otto formulieren diesen Zusammenhang folgendermaßen: „Ohne den Gleichheitsanspruch wären Freiheitsrechte lediglich Privilegien einer bevorzugten Gruppe, aber eben keine allgemeinen Menschenrechte; und ohne die freiheitliche Ausrichtung könne von Gleichberechtigung von vornherein gar keine Rede sein.“ (Bielefeldt/Follmar-Otto 2005).

Die Intention des AGG ist daher nicht die Beschränkung der Freiheit, sondern die Beseitigung von Ausgrenzung, die die tatsächliche Wahrnehmung von Freiheitsrechten behindert.

Die Verhinderung von Diskriminierung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Das AGG fordert daher die Tarifvertragsparteien – Arbeitgebende, Beschäftigte und deren Vertretungen – auf, im Rahmen ihrer Aufgaben und Handlungsmöglichkeiten an der Verwirklichung dieses Ziels mitzuwirken
(§ 17 Abs. 1 AGG). Der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft kann die Arbeitgeberseite bei groben Verstößen gegen Vorschriften des AGG vor Gericht verklagen (§ 17 Abs. 2).

Ein weiteres Ziel des AGG ist es, die Betroffenen besser über ihre Rechte zu informieren und die Durchsetzung dieser Rechte zu erleichtern. Hierzu dient vor allem die gesetzlich verankerte Möglichkeit, für Antidiskriminierungsverbände als Beistände für benachteiligte Personen vor Gericht aufzutreten sowie die Errichtung einer Antidiskriminierungsstelle auf Bundesebene.

Eine ausführliche Darstellung der Struktur und Inhalte des AGG finden Sie hier.

SL


Weiterführende Literatur:

  • Däubler, Wolfgang/ Bertzbach, Martin (Hrsg.): Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Handkommentar, 2007, S. 39, Rn. 73.

  • Schiek, Dagmar (Hrsg.): Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), Ein Kommentar aus europäischer Perspektive, 2007, § 1, Rn. 1ff.

  • Wrase, Michael: Ohne Tugend keine Freiheit, Artikel im FREITAG vom 18.03.2005.

erstellt von Administrator zuletzt verändert: 02.01.2010 20:06