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GM und/oder Maennerpolitik

Gender Mainstreaming (GM) spricht Männer als Akteure der Gleichstellungspolitik direkt an. Dabei werden im Rahmen der Strategie GM Männer aus ihrer angeblichen Geschlechtslosigkeit herausgelöst und im Kontext des bestehenden Geschlechterverhältnisses verortet. In vielen Feldern war die Politik bisher blind für geschlechtsbezogene Differenzierungen. Eine weitgehend männlich bestimmte Norm, wie beispielsweise der Familienernährer im Bereich der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, bestimmte das politische Handeln. Ein geschlechtssensibler Zugang legt die vermeintliche Geschlechtsneutralität politischer Leitbilder offen. So wird sichtbar, dass auch nicht alle Männer von der bestimmenden männlichen Norm profitieren. Vielmehr fordern die mit traditionellen Rollenerwartungen verknüpften Attribute wie Bindungslosigkeit, Risikofreude, Einsatzbereitschaft, Reproduktionsunabhängigkeit, um nur einige zu nennen, auch von vielen Männern einen hohen Tribut. So leiden sie auf Grund sogenannter Männerberufe unter männertypischen Berufskrankheiten und haben eine geringere durchschnittliche Lebenserwartung.

Männerpolitik ist in diesem Zusammenhang mit einer paradoxen Situation konfrontiert. Zwar wird Politik meist von Männern gemacht, diese männlich dominierte Politik liegt jedoch oft nicht im Interesse von Männern, weil sie geschlechtsspezifische Probleme leugnet und alle Männer unter eine (hegemoniale) Männlichkeit subsummiert. Diese Widersprüchlichkeit zeigt sich auch in der heterogenen Ausrichtung der unterschiedlichen Gruppierungen der Männerbewegung. Während ein Teil der Männerpolitik ihre Identität vor allem aus der Ablehnung feministischer Ansätze bezieht (Opferdiskurs), sehen andere gerade im Gender-Ansatz sehr gute Anknüpfungspunkte für eine emanzipatorische Männerpolitik.

Die Kritische Männerforschung hat in Anlehnung an die Frauenforschung einen emanzipatorischen Ansatz zur Rolle von Männern im Geschlechterverhältnis entwickelt. Bestehende Männlichkeitsbilder werden hinterfragt und Ansätze der Geschlechterforschung werden aufgenommen und in Richtung einer männlichen Perspektive entwickelt. Aus dieser Forschung heraus haben sich positive Anknüpfungspunkte zu Gender Mainstreaming ergeben.

Zwischen einer emanzipatorischen Männerpolitik und Gender Mainstreaming zeigen sich gemeinsame Zielstellungen. Die Strategie GM kann dazu beitragen, spezifische Probleme von Männern in ihren unterschiedlichen Lebenslagen zu thematisieren. Darauf aufbauend können dann konkrete Handlungsbedarfe aufgezeigt und adäquate Lösungen entwickelt werden. Gender Mainstreaming verträgt sich jedoch nicht mit einer essentialistischen Vorstellung von Geschlechtermerkmalen, wie sie von Teilen der aktuellen Männerbewegung vertreten wird. So geht beispielsweise die sogenannte Mythopoetische Männerbewegung von einer grundlegenden Differenz zwischen Frauen und Männern aus. Sie versucht eine Rekonstruktion traditioneller Männlichkeit in Separierung von Weiblichkeit zu erreichen. Demgegenüber setzt die Strategie GM im Sinne des Konzepts von Gender auf die Gleichstellung der Geschlechter in der Vielfalt ihrer sozialen und kulturellen Ausprägungen.

Eine gleichstellungsorientierte Männerpolitik müsste in der Lage sein, den strukturellen Kern gesellschaftlicher Veränderungen anzusprechen, von dem viele Männer bis heute in Form von Macht und Geld profitieren. Rollenzwänge und männliche Privilegien sind nämlich eng miteinander verwoben, so dass eine Lösung aus männlichen Stereotypen ohne die Überwindung gesellschaftlicher Ungleichheiten eher unwahrscheinlich scheint. Hierzu müsste gleichstellungsorientierte Männerpolitik stärker als bisher Machtfragen im Geschlechterverhältnis thematisieren.

Literatur

Gender Lecture mit PD Dr. Michael Meuser: "Die widersprüchliche Modernisierung von Männlichkeit - Kontinuitäten und Veränderungen im Geschlechterverhältnis"

erstellt von Administrator zuletzt verändert: 14.03.2013 13:45