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Zuständigkeiten für Prozesssteuerung

Zuständigkeit für Prozesssteuerung

Sinnvollerweise sollte es eine Organisationseinheit geben, die den gesamten GM-Prozess in einem Ressort steuert. Das umfasst z. B. die Verantwortung für die Koordinierung und Umsetzung von GM bei den Maßnahmen des Ressorts in allen Bereichen durch eine konkrete Zeit- und Arbeitsplanung. Dabei ist für eine enge Zusammenarbeit aller Abteilungen zu sorgen. Darüber hinaus geht es darum, Probleme zu identifizieren und Problemlösungsstrategien zu entwickeln sowie Impulse und Unterstützung für das gesamte Ressort zu geben.
In diesem Zusammenhang müssen auch personelle, zeitliche und finanzielle Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Als Teil der Umsetzung von Top-Down sind die Beschäftigten durch „Vorbild sein“ zu motivieren. In einer modernen Verwaltung umfasst die Prozesssteuerung auch ein Controlling, das notwendig ist, um die erforderlichen Steuerungsinformationen zu erhalten, um gegebenenfalls bisherige Vorgehensweisen zu optimieren.

Prozesssteuerung ist besonders in der Einführungs- und Übergangsphase von großer Bedeutung. In diesen Phasen muss der Implementierungsprozess in Gang gesetzt und steuernd begleitet werden. Im Laufe der Zeit verändern sich die Aufgaben. In der Übergangsphase wird zunehmend die fachliche Steuerung wichtiger, in der Regelpraxis die fachliche Bearbeitung.
Um die Verantwortung für diese Aufgaben zu verteilen, kommen verschiedene Modelle in Betracht:
  • Die Übertragung der Zuständigkeit für die Prozesssteuerung auf die Abteilungsleitung Zentral bietet große Vorteile. AL-Z besitzt weitreichende Steuerungsmöglichkeiten und Durchsetzungsmacht für den Implementierungsprozess GM und wird nicht mit der "Frauenecke" assoziiert. Allerdings gilt es, das Engagement für GM und Gender-Kompetenz in der Abteilung sicher zu stellen. Ansonsten könnte die Leitung der Zentralabteilung auf Grund ihrer zentralen Funktion die Umsetzung von GM für das gesamte Ressort behindern bzw. verzögern. Auf Bundesebene besitzen die Abteilungsleitungen Zentral als Mitglied der interministeriellen Arbeitsgruppe (IMA GM) zudem Kenntnisse zum Implementierungsstand der gesamten Bundesverwaltung, die sich für die Umsetzung im Ressort produktiv nutzen lassen. Für die Kommunikation mit den anderen Abteilungsleitungen ist u.a. die Abteilungsbesprechung zu nutzen. Für die inhaltlich Arbeit ist es sinnvoll, die Leitung Zentralabteilung wird bei der Erledigung ihrer Aufgabe durch ein andere Arbeitseinheit z. B. ein Koordinierungsreferat unterstützt.
  • Die Einrichtung einer abteilungsübergreifenden Steuerungsgruppe für die Prozesssteuerung GM kann gerade zu Beginn der Implementierung und bei der Gestaltung der Übergangsphase in die Regelpraxis sinnvoll sein, auch wenn es sich dabei um eine Sonderstruktur handelt. Dieses Gremium sollte hochrangig besetzt sein, d.h. mit Personen mit Entscheidungsmacht für das gesamte Ressort. Daher ist eine Ansiedlung dieses Gremiums auf Referatsebene nicht angebracht. In einer solchen Steuerungsgruppe sollten alle Abteilungsleiter und Abteilungsleiterinnen vertreten sein, z. B. unter Vorsitz der Leitung der Zentralabteilung. Sind alle Abteilungsleitungen vertreten, ist die Weitergabe von notwendigen Informationen, Impulsen und Vorgaben in die jeweiligen Abteilungen gewährleistet. Optimaler Weise ist - zumindest für die Einführungsphase von GM - externe Unterstützung vorzusehen, um bei möglicherweise noch fehlender Gender-Kompetenz fachlich zu unterstützen. Die Mitglieder einer solchen abteilungsübergreifenden Steuerungsgruppe sollten durch Fortbildung bei ihrer Aufgabe unterstützt werden. Ein Beispiel für eine solche Steuerungsgruppe stellt die Kontaktgruppe GM im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend dar.
Für die notwendige Unterstützung der Leitung, also der Ministerin bzw. des Ministers sowie der Staatssekretärin bzw. des Staatssekretärs ist darauf zu achten, dass Rückkoppelung mit der Leitung möglich ist und genutzt wird.

  • Eine weitere Möglichkeit ist die Verteilung der Zuständigkeit in einem Planungsstab. Dieser ist konzeptionell und strategisch für das gesamte Ressort verantwortlich. Daher hat der Planungsstab direkten Zugang zur Leitung. Diese Funktion macht die Ansiedlung von Zuständigkeit für die Prozesssteuerung für GM so interessant. Durch diese Nähe zur Leitung kann der erforderliche Top-Down Aspekt glaubwürdig umgesetzt werden. Darüber hinaus hat der Planungsstab die Möglichkeit bestehende informelle Wege zu nutzen, um im Ressort in die Breite zu wirken. Als Nachteil ist aber zu sehen, dass kein direkter Zugang zu den Abteilungen besteht. Um diesen Nachteil aufzufangen, kann es sinnvoll sein, die Zuständigkeit für die Prozesssteuerung zu teilen, z. B. mit der Zentralabteilung.
Das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft hat sich im Rahmen der ressortinternen Umsetzung von GM für dieses Modell entschieden.

  • Bei der Ansiedlung der Zuständigkeit bei einem Koordinierungsreferat ist zu bedenken, das bestimmte Steuerungsformen dieser Funktionsebene nicht zur Verfügung stehen, die für eine Prozesssteuerung des gesamten Ressorts aber notwendig sind. Eine effektive Erledigung der Aufgabe ist so kaum möglich bzw. hängt dann zudem stark von der informellen Macht des jeweiligen Referats ab. Sinnvoll kann es sein, ein Koordinierungsreferat zur Unterstützung der Leitung der Zentralabteilung einzurichten. Es sollte aber weiterhin gewährleistet sein, dass die Zuständigkeit bei der Leitung der Zentralabteilung verbleibt und das Koordinierungsreferat nur unterstützende Funktionen wahrnimmt.
  • Die Übertragung auf das Personalreferat ist nicht sinnvoll, weil dieses Referat zu sehr mit Personalentwicklung und Frauenförderung assoziiert wird und inhaltlich vor allem Kompetenzen zu diesen Bereichen bestehen. Eine Übertragung der Zuständigkeit auf das Organisationsreferat ist auch nur begrenzt zweckmäßig, weil ein fachlicher Bezug zur Aufgabenstellung GM beim Organisationsreferat fehlt. Sinnvoll ist eine solche Zuständigkeit nur für die Koordinierung der Verankerung in bestehende Abläufe und Routinen.
  • Eine weitere Möglichkeit wäre die Verteilung für die Zuständigkeit der Prozesssteuerung auf eine einzelne Person, also eine Gender- oder Gender-Mainstreaming-Beauftragte bzw. einen Beauftragten. Dagegen spricht die Gefahr der Marginalisierung durch Etablierung einer Sonderstruktur. Selten werden solche Beauftragte mit entsprechender Entscheidungsmacht ausgestattet. Eine effektive Erledigung der gestellten Aufgabe – Prozesssteuerung GM für das gesamte Ressort – wäre damit nicht möglich. Die Einrichtung solcher Beauftragter kann gegebenenfalls in der Einführungsphase von GM sinnvoll sein, dann aber als Ansprechpartnerinnen und -partner im Rahmen von interner Beratung für die fachliche Steuerung in jeder Abteilung.
  • Die Zuständigkeit für die Prozesssteuerung von GM sollte auch nicht bei der Gleichstellungsbeauftragten angesiedelt werden. Eine solche Rolle der Gleichstellungsbeauftragten würde dem Querschnittsansatz und Top-Down-Prinzip von GM widersprechen und zu einer Reduzierung von GM auf personalpolitische Maßnahmen und Frauenförderung führen. Die oben beschriebenen Gefahren von Marginalisierung und kaum vorhandener Entscheidungsmacht sprechen zudem gegen eine solche Zuständigkeitsverteilung. Gleichwohl ist das Wissen der Gleichstellungsbeauftragten bezogen auf Gleichstellung und die eigene Verwaltungseinheit wichtig für die Umsetzung von GM und sollte genutzt werden. Die Gleichstellungsbeauftragte kann als Vermittlerin und Multiplikatorin im Rahmen der Umsetzung von GM tätig sein.
Alle vorgestellten Modelle weisen mehr oder weniger große Vor- und Nachteile auf. Es gibt nicht das eindeutig beste Modell, das „Patentrezept“ für die Verteilung von Zuständigkeiten. Vielmehr müssen die Besonderheiten des Ressorts bei der Entscheidung für eines dieser Modelle mitbedacht werden. Auch wenn es z. B. aus den dargestellten Erwägungen im allgemeinen sehr sinnvoll ist, die Prozesssteuerung bei der Leitung der Zentralabteilung anzusiedeln, kann dies im Einzelfall auch eine falsche Entscheidung sein. Wenn man weiß, dass dort erheblich Widerstände gegen Gleichstellung und/oder GM vorhanden sind, kann eine solche Entscheidung in diesem Fall den ganzen Umsetzungsprozess behindern. Umgekehrt kann es gut sein, doch die Zuständigkeit bei einem Koordinierungsreferat anzusiedeln. Beispielsweise wenn dort eine sehr engagierte und erfahrene Person sitzt, die für Gleichstellung viel Engagement zeigt und zudem über viel informelle Macht im Hause verfügt. Die Entscheidung für eine bestimmte Organisationseinheit kann kaum unabhängig von der Einschätzung der dahinter stehenden Personen getroffen werden.

SL

erstellt von Administrator zuletzt verändert: 02.01.2010 20:07