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Rolle von Gleichstellungsbeauftragten

Gleichstellungsbeauftragte und die Umsetzung von Gender Mainstreaming

Mit dem Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG, Dezember 2001) wurde das Frauenfördergesetz abgelöst und Gleichstellungspolitik in der Bundesverwaltung gestärkt. Die Strategie Gender Mainstreaming (GM) wurde zusätzlich für Angestellte der Verwaltung rechtlich verankert. Nach § 2 des BGleiG sind alle Beschäftigten zur Umsetzung von Gleichstellung verpflichtet, so dass Gleichstellung damit als durchgängiges Leitprinzip in allen Aufgabenbereichen anzusehen ist. Bei allen personalwirtschaftlichen Maßnahmen ist insbesondere auf Diskriminierungsfreiheit zu achten und bei Unterrepräsentanz von Frauen müssen Frauen bei der Einstellung, beruflichem Aufstieg und bei Ausbildungsplätzen bei gleicher Qualifikation nach § 8 BGleiG bevorzugt berücksichtigt werden. Durch das BGleiG besteht die Chance, dass Gleichstellungspolitik präsenter wird und sich die Durchsetzungsmöglichkeiten für frauen- und gleichstellungspolitische Ziele vergrößern. Diese Chance gilt es zu nutzen. Es ist deshalb zu fragen, welche Rolle und Aufgaben Gleichstellungsbeauftragte bei der Umsetzung von GM haben.
Die Arbeitsaufgaben der Gleichstellungsbeauftragten sind im § 19 BGleiG geregelt. Die Gleichstellungsbeauftragte wirkt bei allen personellen, organisatorischen und sozialen Maßnahmen mit, insofern sie die Gleichstellung von Frauen und Männern, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie den Schutz vor sexueller Belästigung betreffen. Die Gleichstellungsbeauftragte hat auf Grund dieser rechtlichen Stellung die Funktion einer Controllerin. Sie hat mit dafür Sorge zu tragen, dass die Vorgaben des BGleiG beachtet werden, d.h. sie überwacht den Vollzug des BGleiG. Diese Aufgabe behält sie bei der Umsetzung von GM bei. Ihre Einbeziehung kann zudem dazu beitragen, die Skepsis bei denen abzubauen, die der Frauenförderung aufgeschlossen gegenüber standen, aber Vorbehalte gegenüber der neuen Gleichstellungsstrategie GM haben.
Die Gleichstellungsbeauftragte kann einen Knotenpunkt für die Verknüpfung von Top-down und Bottom-up bilden. In diesem Sinne wirkt die Gleichstellungsbeauftragte als „Change-Agent“, aber nicht als „Gender-Beauftragte“. Denn: die Gleichstellungsbeauftragte ist nicht für die Umsetzung von GM verantwortlich. Sie kann die Rolle einer Beraterin einnehmen, die z.B. zwischen internen Organisationsakteuren und externer gender-kompetenter Beratung vermittelt, aber die Zuständigkeit für die Berücksichtigung von Gleichstellungsorientierung liegt bei der Leitungsebene.

GM und Gleichstellungspolitik
GM richtet sich auch auf die Arbeitsprozesse und -ergebnisse der Organisation, die gleichstellungsorientiert gestaltet werden sollen. Innerhalb der Organisation bezieht sich die Strategie auf das Handlungsfeld Personal- und Organisationsentwicklung und zielt auf die systematische Integration von Gleichstellungsaspekten in alle Instrumente (Arbeitshilfen etc.) und in Verwaltungshandeln (Auswahlverfahren, Bewerbungs- und Personalgespräche). Die Kernfragen sind also: Sind Kriterien und Prozesse der Personalplanung, der Potenzial- und Leistungsbewertung, der Qualifizierung sowie des Arbeitsumfeldes so gestaltet, dass sie nicht diskriminieren, also weder Frauen noch Männer geschlechtsbezogen bevorzugen oder benachteiligen? Wird durch die Arbeitsorganisation die Vereinbarkeit für Personen, familiäre oder soziale Aufgaben wahrnehmen gefördert? Wird bei der Ausschreibung und der Personalauswahl auf Geschlechteraspekte geachtet?
Im Rahmen der Umsetzung spielt u.a. die Fortbildung der Führungskräfte und der Beschäftigten eine wichtige Rolle. Es sollen
  • Qualifizierungen speziell zu Gender Mainstreaming angeboten werden,
  • Gender-Aspekte neben Sensibilisierungsveranstaltungen auch in reguläre Weiterbildungen einfließen,
  • Fortbildungen didaktisch und vom zeitlichen und räumlichen Angebot gleichstellungsorientiert gestaltet werden, so dass z. B. keine Vereinbarkeitsprobleme entstehen,
  • die Referierenden Gender-Kompetenz haben und Gender-Aspekte im jeweiligen Thema berücksichtigt und deutlich gemacht werden.
Es zeigen sich Überschneidungen zwischen GM und den Aufgaben der
Gleichstellungsbeauftragten. Als Strategie zur Umsetzung des Ziels Gleichstellung durch alle Beschäftigten und in allen Arbeitsbereichen einer Organisation unterstützt GM das Anliegen der Gleichstellungspolitik, das Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte in ihrer Arbeit seit Jahrzehnten verfolgen.

Zuständigkeiten im GM-Prozess

Gleichstellungsbeauftragte sind qua Zuständigkeit gemäß Bundesgleichstellungsgesetz vor allem mit den Handlungsfeldern Personal- und Organisationsentwicklung befasst, während GM auf alle Handlungsfelder in Organisationen zielt. Extern steuernde Maßnahmen, wie Rechtsetzung, Zuwendungen oder Forschungsförderung, bleiben Fachaufgaben in den Abteilungen, da sie rechtlich gesehen nicht in den Aufgabenbereich der Gleichstellungsbeauftragten fallen. Die Umsetzung von GM geht über die Zuständigkeiten der Gleichstellungsbeauftragten hinaus, denn GM muss Top-down umgesetzt werden. Dies hat Vorteile für Gleichstellungsbeauftragte, denn sie wird nicht überfordert mit Aufgaben, die nicht in ihrer Zuständigkeit liegen und sie rückt (im Sinne des Mainstreaming) näher an die zentralen Organisationsziele heran.

Herausforderungen für Gleichstellungsbeauftragte bei GM
Es stellt sich die Frage wie zwischen GM und den Anliegen der Gleichstellungsbeauftragten Synergien hergestellt werden können. Aus der kommunalen Praxis ist mittlerweile bekannt, dass die Umsetzung von GM auf ähnliche Probleme stößt wie vormals Frauen- und Gleichstellungspolitik. Mit GM wird insbesondere die Führungsebene zuständig für Gleichstellungspolitik in der Organisation. Diese Führungskräfte sind aber nicht per se bereit, ihre vormaligen Widerstände gegen Gleichstellung einfach aufzugeben, nach dem sie ein Gender-Training o.ä. durchlaufen haben. Ein zentraler Hebel für die Umsetzung von Gleichstellungsanliegen besteht im Aufbau von Handlungsdruck. Dieser Handlungsdruck entseht in der öffentlichen Verwaltung zum einen aus den Anforderungen der Hausleitung sowie den unmittelbaren Vorgesetzten und zum anderen aus den Anforderungen der Aufgabenerfüllung und der Bereitstellung von Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger.

Fehlt in der Führungsspitze die Bereitschaft zur Umsetzung von GM, besteht für die Gleichstellungsbeauftragten die Möglichkeit, die systematische Umsetzung von GM mit einer besseren Aufgabenerfüllung zu verknüpfen, um auf diese Weise andere Akteurinnen und Akteure zu überzeugen. So lässt sich auch die Gefahr vermeiden, dass GM verkürzt mit Frauenförderung oder Frauenpolitik gleichgesetzt wird, und dadurch – entgegen der Implementierung in den Mainstream – die Vorhaben bei Gleichstellungsbeauftragten „abgestellt“ werden. Eine Gleichstellungsbeauftragte ist im Umsetzungsprozess eine Expertin in Gleichstellungsfragen, die als qualifizierte Unterstützung für die Implementierung von GM tätig sein kann. Das bedeutet, die Grundlagen der Strategie GM zu kennen. Ihre Rolle sollte im Implementierungskonzept klar festgelegt werden. Die Verantwortung für die Umsetzung der Strategie liegt jedoch bei anderen Akteurinnen und Akteuren.

Eine zweite Möglichkeit besteht darin, internen Handlungsdruck mit Hilfe des in § 11 BGleiG vorgesehenen Gleichstellungsplans aufzubauen. Auch wenn die Führungsspitzen überwiegend männlich geprägt sind, so vertreten diese Führungskräfte in ihrer individuellen Einschätzung meist ein modernes Verwaltungsverständnis. Zu dieser Selbsteinschätzung gehört u.a. – und das kann durchaus als Erfolg der zurückliegenden Frauen- und Gleichstellungspolitik gesehen werden – dass die öffentliche Verwaltung Personen nicht auf Grund des Geschlechts und anderer Merkmale diskriminiert. In der täglichen Verwaltungsarbeit bestehen aber ungleiche Behandlungen beispielweise von Teilzeitkräften fort. Mit Hilfe von geschlechterdifferenzierenden Daten können solche mittelbaren Diskriminierungen sichtbar gemacht werden. Dadurch wächst der Handlungsdruck auf die Personalverantwortlichen, die dann dafür Sorge tragen müssen, Abhilfe zu schaffen.

Oftmals sind es noch vorrangig die Gleichstellungsbeauftragten, die eine konsequente Gleichstellungspolitik initiieren und verfolgen. Gelingt jedoch die Verankerung von Gender-Aspekten und Gleichstellungszielen im internen Organisationsbereich, können Gleichstellungsbeauftragte beratend bei der Organisations- und Personalentwicklung sowie der Gremienbesetzung tätig werden und ihre Expertise und ihr Erfahrungswissen einbringen.

Hier finden Sie Literatur und Links zum Thema Gleichstellungsbeauftragte und Gender Mainstreaming.

Smy
erstellt von Administrator zuletzt verändert: 02.01.2010 20:07