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Diversity Management


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Gender Mainstreaming und Diversity Management

Im Zusammenhang mit Gender Mainstreaming wird häufig auch „Diversity Management“ genannt. Diversity Management ist eine Unternehmensstrategie, die einige Gemeinsamkeiten mit Gender Mainstreaming hat, aber auch Unterschiede aufweist.

„Diversity“ wird meist mit dem Begriff der Vielfalt übersetzt. Vielfalt bezieht sich auf Lebenslagen von Menschen und beschreibt deren Unterschiedlichkeiten mit Blick auf Kategorien wie Geschlecht, ethnische und soziale Herkunft, sexuelle Orientierung, Religion und Weltanschauung, Alter und körperliche sowie geistige Kapazitäten. Lebenslagen beziehen sich jedoch nicht nur auf Unterschiede, sondern auch auf Ungleichheit, weil Unterscheidungen zwischen Menschen in bestimmten gesellschaftlichen Verhältnissen und Organisationen gemacht werden. Diversity zum Ausgangspunkt von politischem und administrativem Handeln zu nehmen, beinhaltet deshalb, sich sowohl über die Zuschreibungen und Bewertungen als auch die Folgen von Unterscheidungen zwischen Menschen Gedanken zu machen.

In den USA findet Diversity Management als betriebliche Strategie des Personalmanagements bereits seit Anfang der 1990er Jahre Anwendung. Diversity Management hat sich dort vor dem Hintergrund von Regelungen entwickelt, die Diskriminierung verbieten und „Equal Employment Opportunities“, also die Chancengleichheit im Erwerbsleben, sichern. Solche Regeln fordern auch zur Förderung benachteiligter Gruppen auf, also zur „Affirmative Action“. In Europa ist Diversity Management erst später aufgegriffen worden und wird bis heute erst in wenigen, meist multinationalen Unternehmen praktiziert. In der Bundesrepublik Deutschland findet Diversity Management in der jüngsten Vergangenheit vor allem in der Privatwirtschaft vermehrt Beachtung (FORD, Deutsche Bank, Lufthansa). Aber auch Verbände , wie z.B. die Arbeiterwohlfahrt, wenden Diversity Management an. Mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das am 18. August 2006 in Kraft getreten ist, werden auch in Deutschland neue rechtliche Rahmenbedingungen für Maßnahmen gegen Diskriminierung geschaffen. Damit entsteht eine stärkere Verpflichtung, Unternehmen und Betriebe diskriminierungsfrei zu gestalten. In einer europäischen Studie zu Diversity Management geben Unternehmen neben ökonomischen Gründen denn auch moralische und gerechtigkeitsbezogene Beweggründe (z.B. Chancengleichheit oder fairer Handel) und rechtliche Rahmenbedingungen (z.B. Einhaltung der EU-Rechtsvorschriften und Vermeidung von Streitfällen) als Anlass für die Einführung von Diversity Management an.

Diversity Management als Unternehmensstrategie

Diversity Management ist in erster Linie ein „Human-Ressource-Ansatz“. Er zielt in Unternehmen nicht nur darauf, Unterschiedlichkeiten von Beschäftigten anzuerkennen und wertzuschätzen, sondern auch darauf, diese Unterschiede als strategische Ressource produktiv im Sinne der Unternehmensinteressen zu nutzen. Die vielfältigen Fähigkeiten und Kompetenzen der Mitarbeitenden, die vor dem Hintergrund unterschiedlicher Lebenskontexte und Erfahrungen entstanden sind, sollen stärker als im klassischen Management zum Organisationserfolg beitragen.
Ein Ziel der Implementierung von Diversity Management ist es, im Wettbewerb um gutes Personal bessere Chancen zu haben. Ein für Viele offenes Unternehmen hat auch auf viele Talente Zugriff. Das bestätigt eine Studie der Europäischen Kommission von 2005 zur Umsetzung von Diversity Management. Die Unternehmen wollen den Mangel an hoch qualifizierten Arbeitskräften beheben, der sich angesichts der aktuellen demographischen Entwicklung abzeichnet. Durch eine neue Unternehmenskultur, die Vielfalt fördert statt sie auszugrenzen, sollen Mitarbeitende stärker an ihr Unternehmen gebunden werden.
Ein weiteres Ziel ist die Motivationssteigerung der Mitarbeitenden. Erfahrungen aus Unternehmen zeigen, dass ein gezieltes Diversity Management zu einer Stärkung des „Humankapitals“ der Organisation und zur Profilentwicklung der Mitarbeitenden beitragen kann. Außerdem sind Unternehmen mit pluralen Belegschaften („Multikultur“) eher als homogen strukturierte Organisationen („Monokultur“) in der Lage, dem ständigen Strukturwandel der Wirtschaft mit flexiblen und tragfähigen Problemlösungen zu begegnen (vgl. Belinszki/ Hansen/ Müller 2003, Europäische Kommission 2005). Diversity Management zielt somit darauf, Unternehmen oder Organisationen und die ihn ihnen tätigen Personen in die Lage zu versetzen, die neuen Herausforderungen einer globalisierten Arbeitswelt besser zu bewältigen.
Integraler Bestandteil des Diversity Management ist zudem, das Leistungsangebot von Unternehmen zielorientierter auf potenzielle Kundinnen und Kunden auszurichten. So wird beispielweise in der Produktentwicklung mit „divers“ zusammengesetzten Projektgruppen und Teams von Beginn an darauf geachtet, die Bedürfnisse und Lebenslagen sehr unterschiedlicher Kundinnen und Kunden einzubeziehen. Zu dieser verstärkten Zielgruppendifferenzierung gehört auch ein gezieltes Produktmarketing. In der EU-Studie heißt es, durch die Förderung eines innovationsfreundlichen Klimas würden neue Produkte und Dienstleistungen entwickelt sowie neue Märkte erschlossen, die die Kundinnen- und Kundenzufriedenheit und den Umsatz des Unternehmens steigern können.
Schließlich zeigt die Studie der Europäischen Kommission, dass Unternehmen auch an der Verbesserung des Firmenimages gelegen ist. So wollen Unternehmen ihr Ansehen in der Öffentlichkeit durch eine vorbildliche Führungskultur wie auch durch gesellschaftliches Engagement und Spendenaktivitäten gegen soziale Ausgrenzung erhöhen.

Gemeinsamkeiten von Gender Mainstreaming und Diversity Management

Gender Mainstreaming und Diversity Management haben einige Gemeinsamkeiten: Besonders wichtig ist, dass beide Strategien über die Vorstellung von besonders förderungswürdigen „Problemgruppen“ hinausgehen, indem sie nicht an Defiziten scheinbar einheitlicher „Gruppen“, sondern an Potenzialen von Personen anknüpfen. Es geht darum, Menschen in ihren unterschiedlichen Bedürfnissen möglichst gerecht zu werden, denn alle Individuen gehören nicht nur einer Gruppe („den Frauen“ oder „den Männern“) an, sondern immer zugleich mehreren Gruppen (deutsche alleinerziehende junge Frau, türkische muslimische Männer, ältere behinderte Menschen usw.). Gender Mainstreaming und Diversity Management zielen darauf, die Vielfalt von Lebensweisen anzuerkennen und zu fördern.
Zudem arbeiten beide Strategien offensiv mit den Entscheidungsstrukturen, die in Organisationen und Unternehmen gelten. Im Rahmen der Umsetzung von Diversity Management und Gender Mainstreaming wird vor allem die Führungs- und Leitungsebene, nach dem Top-Down-Prinzip, in die Verantwortung genommen. Das Management bzw. die Leitung trägt durch ihre Entscheidungen über Leitbilder und Ziele sowie durch die Steuerung und Koordination organisationaler und betrieblicher Abläufe entscheidend zu einem Wandel von Organisationsstrukturen und der Organisationskultur bei. Dabei hängt der Umsetzungserfolg einer Organisation von einer Verzahnung von Top-Down und Bottom-Up ab. Beide Strategien setzen deshalb darauf, dass Gender- und Diversity-Kompetenzen erworben werden. „Awareness- und Skill-Building-Trainings“, also Fortbildungen und Sensibilisierungsmaßnahmen, die zu einem gleichstellungsorientierten Bewusstsein beitragen, kommt eine große Bedeutung zu.

Unterschiede von Gender Mainstreaming und Diversity Management
Gender Mainstreaming und Diversity Management unterscheiden sich in einigen Punkten. Gender Mainstreaming stellt Gender als Kategorie in den Mittelpunkt und berücksichtigt weitere Kategorien in diesem Zusammenhang. Damit verbindet sich das Ziel, unmittelbar auf die Gleichstellung der Geschlechter und auf einen Abbau von Geschlechterhierarchien hinzuwirken. Das hat nicht zuletzt rechtliche Gründe, da die Gleichstellung von Männern und Frauen in der Verfassung klarer verankert ist als andere Gleichstellungsziele. Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG verpflichtet den Staat dazu, für tatsächliche Gleichstellung zu sorgen. Auch die europäischen Regeln gegen Diskriminierung betonen das Zusammenspiel zwischen Geschlecht und anderen sozialen Strukturmerkmalen.
Demgegenüber wird in der Umsetzungspraxis Diversity Management in Deutschland bisher weniger eindeutig an gleichstellungspolitische Ziele und Antidiskriminierungsrichtlinien geknüpft. Diversity Management zielt zwar auf eine Beachtung aller relevanten sozialen Strukturmerkmale, läuft aber in der Praxis nicht selten Gefahr, doch bestimmte Aspekte, wie z.B. die ethnische Herkunft, zu betonen und andere, wie z.B. das Geschlecht, zu vernachlässigen. Dies hat ausweislich der EU-Studie zum Teil auch damit zu tun, dass sich Betriebe aufgrund ihrer Größe auf bestimmte Dimensionen wie z.B. Alter fokussieren.
Problematisch ist es, wenn verschiedene Kategorien gegeneinander „ausgespielt“ werden, statt sie in ihrer Verknüpfung zu sehen. Bisherige Erfahrungen in Betrieben zeigen, dass zumindest die Gefahr besteht, Unterschiede zwischen Menschen als „natürlich“ und unveränderbar anzusehen, was den Abbau von Vorurteilen und Stereotypen verhindert. Eine umfassende Gender-Perspektive fordert eine differenzierte Sicht auf vielfältige Lebenslagen. Dies schließt innerhalb der Organisation auch eine Reflexion des Führungsstils und der Arbeitsorganisation mit ein. Solange die Leitungsebene einer Organisation von dominanten männlichen Leitbildern und Normvorstellungen geprägt wird (vgl. Frauen in Führungspositionen), wirken stereotype Einstellungen gegenüber Frauen, ethnischen Minderheiten, älteren oder behinderten Menschen beim Führungspersonal und in der Organisationskultur fort.
Ein weiterer Unterschied beider Strategien besteht im Hinblick auf ihre Reichweite und die Aufgabendefinition. Mit Gender Mainstreaming sollen alle Akteure auf allen Ebenen und in allen Bereichen Gleichstellung als Ziel verfolgen. Die Umsetzung von Gender Mainstreaming hat damit den Charakter einer Querschnittsaufgabe. Diversity Management konzentriert sich hingegen intern meist auf Personalentwicklung, z.B. Personalführung, -werbung, -auswahl und die Produktgestaltung sowie extern auf die Öffentlichkeitsarbeit.
Unterschiedliche Gewichtungen im Gender Mainstreaming und im Diversity Management erklären sich nicht zuletzt aus den unterschiedlichen Entstehungshintergründen und Kontexten, in denen beide Strategien in Deutschland verhandelt werden (vgl. dazu die Geschichte(n) von Gender Mainstreaming). Während Gender Mainstreaming als gleichstellungspolitische Strategie und als Ergebnis der internationalen Frauenbewegung und der Entwicklungszusammenarbeit vorgestellt wird und dort auf „Empowerment“, also die Stärkung derjenigen, die im Entwicklungsprozess außen vor bleiben zielt, tritt Diversity Management in der bisherigen Umsetzungspraxis in Deutschland vorrangig als betriebliche Unternehmensstrategie auf, die der Effizienzsteigerung dient.

Literatur
  • Baer, Susanne: Recht auf Vielfalt. Zu den rechtlichen Rahmenbedingungen des Managing Diversity; in: Belinszki, Eszter/ Hansen, Katrin/ Müller, Ursula (Hg.): Diversity Management. Best Practices im internationalen Feld, Münster 2003, S. 104-120.
  • Baer, Susanne; Lepperhoff, Julia, 2006: Instrumente zur Förderung von Chancengleichheit. In: Archiv für Wissenschaft und Praxis in der sozialen Arbeit, 37. Jg. Heft 4, S. 20-32.
  • Cox, Taylor: Cultural Diversity in Organizations. Theory, Research & Practice, Berkeley 1994.
  • Diversity Hamburg (Hg.): Diversity-Management als Chance für kleinere und mittlere Betriebe. Eine Anleitung zur Umsetzung. Hamburg 2005.
  • Europäische Kommission: Geschäftsnutzen von Vielfalt – Bewährte Verfahren am Arbeitsplatz. Studie der EU zum Thema „Nutzen personeller Vielfalt im Unternehmen“, 2005.
  • Hansen, Katrin: Wettbewerbsfähigkeit durch Chancengleichheit. Mit Diversity Management zum Erfolg. Vortrag von Prof. Dr. Katrin Hansen bei der Investitionsbank Berlin am 21. Februar 2006.
  • Krell, Gertraude: Managing Diversity and Gender Mainstreaming: ein Konzeptvergleich, in: Sozialwissenschaften und Berufspraxis, hg. vom Berufsverband Deutscher Soziologinnen und Soziologen e.V., 27. Jg., Heft 4/2004, S. 367-376.
  • Krell, Gertraude: Mono- oder multikulturelle Organisation ‚Managing Diversity‘ auf dem Prüfstand; in: Kadritzke, Ulf (Hg.), Unternehmenskulturen unter Druck, Berlin 1997.
  • Stahrenberg, Cora: Praxisbeispiel General Electric: Diversity-orientierte Beurteilung von Führungskräften; in: Krell, Gertraude (Hg.): Chancengleichheit durch Personalpolitik. Gleichstellung von Frauen und Männern in Unternehmen und Verwaltungen, Wiesbaden 2001, S. 45-50.
  • Stiegler, Barbara: Gender Mainstreaming, Frauenförderung, Diversity oder Antidiskriminierungspolitik – was führt wie zur Chancengleichheit?, in: Zeitschrift für Frauenforschung und Geschlechterstudien, 23. Jg. Heft 3/2005, S. 9-21.
  • Vedder, Günther: Fünf zentrale Fragen und Antworten zum Diversity Management, Stand: Juli 2006.

erstellt von Administrator zuletzt verändert: 02.01.2010 20:07