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Das Transsexuellengesetz wird überarbeitet

Das Transsexuellengesetz wird überarbeitet

Seit 1981 regelt das „Gesetz über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen” (Transsexuellengesetz – TSG) die Bedingungen für Vornamens- und Personenstandsänderung für transgeschlechtlich lebende Menschen, also für Menschen, die nicht in dem Geschlecht leben, dem sie bei der Geburt zugeordnet wurden.

Das Gesetz setzt zur Anerkennung des neuen Geschlechtes unter anderem voraus, dass die beantragende Person nicht verheiratet ist, dauerhaft unfruchtbar ist sowie sich einer Operation unterzogen hat, die das Erscheidungsbild der äußeren Geschlechtsmerkmale ändert (siehe §8 (1)). Im Juli 2008 urteilte das Bundesverfassungsgericht, dass die Voraussetzung der Ehelosigkeit verfassungswidrig ist. Geklagt hatte eine 79jährige Trans-Frau, die zur rechtlichen Anerkennung ihres Geschlechts ihre Ehe scheiden lassen sollte, die seit 56 Jahren bestand (siehe Pressemitteilung BverfG oder Pressebericht im Nachrichtenmagazin Focus). Die Beeinträchtigung, die verheiratete Transgender aufgrund des Paragraphen erfahren, wurde als unverhältnismäßig bewertet, und der Gesetzgeber aufgefordert, das TSG bis zum 1. August 2009 verfassungskonform zu überarbeiten.

Im Entwurf der überarbeiteten Regelung wird die Möglichkeit eröffnet, dass eine verheiratete beantragende Person sich nicht scheiden lassen muss, sofern ihr Partner oder ihre Partnerin der Ehe oder Lebenspartnerschaft zustimmt. Das Bundesministerium des Innern hat im Rahmen der Verbändebeteiligung um Stellungnahmen von Transsexuellen- und Transgender-Verbänden gebeten.

Das TSG wird seit langem von Transgender- und Transsexuellenverbänden als menschenunwürdig kritisiert. In einer Anhörung im Bundestag 2007 stellten verschiedene Sachverständige und Verbände ihre Kritik dar. Auch vor der CEDAW-Kommission der UN wurde die Thematik aufgrund des Schattenberichts der Interessengemeinschaft „Menschenrecht und Transsexualität” zum 6. Staatenbericht der Bundesregierung im Februar 2009 verhandelt.

Das Transgender Netzwerk Berlin (TGNB) und TransInterQueer e.V. (TrIQ) haben Reformvorschläge zum TSG erarbeitet und in einem Eckpunktepapier veröffentlicht. Sie fordern in ihrer Pressemitteilung, das TSG umfassender zu überarbeiten, als nur den vom Bundesverfassungsgericht beanstandeten Absatz zur Ehelosigkeit. Unter Bezug auf frühere Entscheidungen des BverfG wird unter anderem herausgestellt, dass transsexuelle/transgender Menschen die einzige Personengruppe seien, die von Staats wegen eine dauernde Fortpflanzungsunfähigkeit nachweisen muss. Ein solch weitreichender Eingriff des Staates in die Persönlichkeitsrechte sei weder nachvollziehbar noch gerechtfertigt. Auch die unterschiedliche personenstandsrechtliche Behandlung von Transsexuellen/Transgender mit und ohne geschlechtsangleichende Operationen sei nicht nachvollziehbar. Andere Länder wie Spanien und Großbritannien (Gender Recognition Act 2004) kämen ohne diese Vorschrift aus.

In Österreich ist die Ehelosigkeit keine Voraussetzung zur amtlichen Änderung des Geschlechtseintrags. Auch die Voraussetzung der geschlechtsangleichenden Operation wird durch ein Urteil des Verwaltungsgerichtshof im Februar 2009 aufgehoben: Er urteilt, "dass ein schwerwiegender operativer Eingriff, wie etwa die von der belangten Behörde geforderte Entfernung der primären Geschlechtsmerkmale, keine notwendige Voraussetzung für eine deutliche Annäherung an das äußere Erscheinungsbild des anderen Geschlechts ist" (Verwaltungsgerichtshof Zl. 2008/17/0054-8, Seite 11). Weitere Informationen zur Rechtslage in Österreich finden Sie auf den Seiten von TransX - Verein für TransGender Personen.

SeSch
erstellt von Administrator zuletzt verändert: 02.01.2010 20:06