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"Tarif und Betrieb - Determinanten des Pay Gap im Handlungsbereich der Sozialpartner"

Gender Lecture mit Dr. Hermann Gartner am 24.11.2008 im Rahmen des Schwerpunktthemas "Wert von Arbeiten"


Aus ländervergleichenden Studien ist bekannt, dass die institutionelle Regulation des Arbeitsmarktes z.B. durch Tarifverträge oder Mitbestimmungsstrukturen Auswirkungen auf den Gender Pay Gap hat. Dies hängt damit zusammen, dass in Beschäftigungssystemen mit einer geringen Lohnspreizung nicht nur die relativen Lohnunterschiede innerhalb der Gruppe der Männer und der Gruppe der Frauen geringer ausfallen sondern auch der Abstand zwischen den Durchschnittslöhnen der beiden Gruppen. Eine starke institutionelle Regulation durch Tarifverträge und Mitbestimmungsstrukturen führt tendenziell zu einer komprimierten Lohnstruktur und geringeren Lohnunterschieden zwischen Frauen und Männern.
Diesen Zusammenhang hat Dr. Hermann Gartner zusammen mit seiner Kollegin PD Dr. Gesine Stephan (beide vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung - IAB in Nürnberg) für unterschiedliche betriebliche Regulationsformen in Westdeutschland überprüft. Als Basis diente ein Datensatzes, in dem Betriebsdaten mit den Daten der Beschäftigten gemeinsam erfasst sind (Linked-employer-employee Daten; LIAB). Auch hier zeigt sich, dass in Betrieben mit Tarifbindung und in Betrieben mit Betriebsräten der Gender Pay Gap (gegenüber Betrieben ohne Tarifbindung bzw. ohne Betriebsrat) geringer ausfällt.
Werden einzelne Faktoren für den geringeren Lohnunterschied mit Hilfe einer statistischen Zerlegung (John-Murphy-Pierce-Zerlebung) genauer analysiert, zeigen sich mehrere Effekte. Zum einen ist sowohl in Betrieben mit Tarifbindung als auch in Betrieben mit Betriebsräten die Lohnspreizung geringer. Zum anderen sind dort Frauen und Männer gleichmäßiger auch in höheren Lohnstufen vertreten. In Betrieben mit Tarifbindung sind zudem Qualifikationsunterschiede zwischen Männern und Frauen geringer sowie Frauen weniger stark auf Niedriglohnbetriebe konzentriert. Hier finden Sie die Präsentation zum Vortrag.

In der Diskussion wurde hervorgehoben, dass der Gender Pay Gap nicht als Indikator für die hierarchische Verteilung von Frauen im Entgeltgefüge herangezogen werden kann. Denn bei einem geringen Gender Pay Gap und einer geringen Lohnspreizung können dennoch die überwiegende Mehrheit der Frauen schlechter bezahlt werden als der Durchschnitt der Männer (siehe auch Folien 4-7). Als Indikator für relative Position von Frauen im Entgeltgefüge sei beispielsweise der Prozentsatz der Frauen, die über dem Durchschnittseinkommen der Männer verdienen, aussagefähig.
Ausgehend von der generellen Verringerung des Gender Pay Gaps durch eine geringe Lohnspreizung wurde die Einführung von Mindestlöhnen insbesondere in Branchen mit hohem Frauenanteil als Beitrag zur Reduzierung des Pay Gaps angesprochen, da durch einen Mindestlohn zumindest nach unten eine Grenze für die Lohnspreizung vorgegeben würde.
Das Fehlen einer entsprechende Studie für Ostdeutschland wurde bedauert, da dort trotz geringer Tarifbindung und einer geringeren Zahl von Betrieben mit Betriebsräten ein deutlich geringeres Gender Pay Gap zu finden ist. Der zu Grunde gelegte Datensatz enthält für Ostdeutschland aber nicht genügend Betriebe für eine aussagekräftige Anwendung der entsprechenden statistischen Verfahren.

Hier finden Sie die Präsentation von Dr. Hermann Gartner als PDf-Datei.

Weitere Informationen zum Vortragenden:

Dr. Hermann Gartner ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsbereich Institutionen und makroökonomische Arbeitsmarktanalyse und in der Arbeitsgruppe Geschlechterforschung des IAB. Weitere Informationen und Veröffentlichungen zu geschlechtsspezifischen Lohnunterschieden von Dr. Gartner finden Sie auf seiner Homepage.
jg
erstellt von Administrator zuletzt verändert: 10.08.2010 11:13