Anwendung

Anwendung von Instrumenten im Rahmen der Implementierung von GM – Akzeptanzprobleme, ihre Ursachen und Lösungswege

Bei der Umsetzung der Strategie Gender Mainstreaming (GM) in die tägliche Facharbeit können Instrumente unterstützen. Sie dienen als eine Art „Übersetzungshilfe“, um gleichstellungsorientiertes Denken und Handeln mit den einzelnen Arbeitsschritten zu verknüpfen. Eine wesentliche Funktion von Instrumenten ist es, den Beschäftigten mit Hilfe gezielter Prüffragen die Identifikation von Gender-Aspekten in ihrer Facharbeit zu erleichtern. Durch die frühzeitige und systematische Berücksichtigung von Gender-Aspekten stehen vollständigere Informationen zur Verfügung. Auf dieser Basis lassen sich effektivere und gerechtere Entscheidungen treffen und die Qualität der Arbeit optimieren.
Trotz der genannten Vorteile, werden Instrumente im Arbeitsalltag teilweise nicht angewendet. Welche Ursachen dazu führen können, wird im folgenden Thema sein.
Die Ursachen für die Nichtanwendung von Instrumenten sind vielschichtig:
  • Mangelnde Qualität des Instrumentes kann eine Rolle spielen.
  • Ebenso kann das Umfeld in der Organisation insgesamt, also fehlende oder widersprüchliche Vorgaben der Leitung, fehlende Akzeptanz im organisationsinternen oder auch politischen und gesellschaftlichen Umfeld usw. entscheidend sein.
  • Eine Rolle spielen oftmals motivationale Ursachen für die Nichtanwendung. Also Ursachen, die bei den Beschäftigten selbst zu verorten sind.
Verwaltungsangestellte sind keine „neutralen Staatsbediensteten“. Wie alle Menschen stellen sie ihre persönliche Geschlechtsidentität tagtäglich her und werden in einer Identität – ob gewollt oder ungewollt – auch adressiert („doing gender“). In welcher Form sich die Konstruktion von Gender in ihren persönlichen Biographien niederschlägt, wirkt sich auch darauf aus, inwieweit sie über das nötige Wollen, Wissen und Können für die Umsetzung von GM verfügen. Zudem hat dies oft Folgen für die Bereitschaft, sich die entsprechenden Kompetenzen anzueignen. Allerdings: Wer nicht aus sich heraus „gendern“ will, kann dies trotzdem professionell tun. Intrinsische Motivation ist kein zwingender, aber ein förderlicher Bestandteil von Gender-Kompetenz.
Intrinsische Motivation ist nicht zwingend, weil die Faktoren Wollen, Wissen und Können nicht linear aufeinander aufbauen. Es ist denkbar, etwas zu können und über das nötige Wissen zu verfügen, aber es nicht zu wollen, z.B. wenn in einer Organisationskultur gearbeitet wird, in der gleichstellungsorientierte Ergebnisse nicht honoriert werden. Genauso können Wille und Wissen zum „gendern“ vorhanden sein, aber das nötige Können für die Umsetzung ist nicht genügend entwickelt. Bei der Umsetzung von GM handelt es sich um komplexe dynamische Prozesse, die nicht zuletzt Zeit benötigen.
Im folgenden werden mögliche Akzeptanzprobleme gegen die Anwendung von Instrumenten im Arbeitsalltag skizziert und Lösungswege bzw. Kompensationsmaßnahmen aufgezeigt, mit denen sich in den Bereichen Wollen, Wissen und Können sinnvoll entgegen steuern lässt.

Wollen

Fehlende Akzeptanz für Gleichstellung: Wenn Instrumente nicht angewendet werden, weil Gleichstellung als Ziel der eigenen Facharbeit prinzipiell in Frage gestellt wird, lässt sich mit einer entsprechenden Verbindlichkeit der Instrumente entgegensteuern. Mögliche Mittel sind:
  • Verbindlichkeit herstellen durch rechtliche oder organisatorische Verankerung (z.B. in der Geschäftsordnung)
  • Anwendung verbindlich vorgeben (Top Down). Eine Möglichkeit ist dabei, die fehlende Bereitschaft durch Anordnung und Kontrolle zu kompensieren. Eine modernere Möglichkeit besteht darin, die Verbindlichkeit der Instrumente durch glaubwürdige Kommunikation vorzugeben. Anhand des fachlichen Austausches in Dienstbesprechungen können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Beispiel durch Gender-Aspekte und Best Practice fachlich überzeugt werden.
Keine konkrete Vorstellung von GM: Sollten sich die Beschäftigten kein Bild von der GM-Umsetzung machen können und sich nicht persönlich betroffen fühlen, sind folgende Gegenmaßnahmen sinnvoll:
  • Informationen zu GM und zu guten Beispielen (Best Practices) vermitteln
  • Initiierung von internen Kommunikationsprozessen zu diesen Themen.
Beharrung auf Routinen: Wenn die Beschäftigten auf Routinen beharren und daher auf die Anwendung von Instrumenten mit Widerstand reagieren, ist wichtig, sie von der Notwendigkeit und Effizienz der neuen Verfahren zu überzeugen. Mögliche Ansatzpunkte sind:
  • Qualitätssteigerung der Facharbeit durch Gleichstellungsorientierung kommunizieren
  • (materielle) Anreize setzen
  • steuernd begleiten (Controlling)
  • Feedback-Prozesse installieren
  • Gleichstellungsorientierung im Leitbild der Organisation zu verankern
Hohe Arbeitsdichte: Wenn Beschäftigte die Instrumente aufgrund ihrer hohen Arbeitsdichte nicht anwenden wollen, sind folgende Gegenmaßnahmen denkbar:
  • notwendige Ressourcen bereit stellen (Zeit, Geld, Personal)
  • Prioritäten für ein schrittweises Vorgehen vereinbaren
  • Vorteil konkret verdeutlichen, der gerade durch die Anwendung der Instrumente erreicht wird
Angst vor Machtverlust, Verunsicherung: Wenn Sorgen um die eigene Machtposition dazu führen, dass Instrumente nicht angewendet werden, stehen verschiedene Wege offen:
  • hierarchische Strukturen überprüfen
  • Sanktionen bei Nichtanwendung transparent kommunizieren

Wissen

Stereotypes Alltagswissen als Maßstab:
Wenn Beschäftigte "Gender" nicht in seiner Komplexität verstehen, sondern persönliche Vorstellungen über „die Frauen“ und „die Männer“ als Maßstab für ihre Facharbeit nehmen, sind kurzfristig folgende Maßnahmen sinnvoll:
  • über die Bedeutung von Gender informieren (z.B. im Intranet oder hausinternen Publikationen)
  • für Gender-Fragen im Sachgebiet sensibilisieren (z.B. durch Beispiele oder Vorträge)
Langfristig ist es notwendig:
Fehlendes Gender-Wissen: Gender Wissen ist ein wichtiges Element von Gender-Kompetenz. Dazu gehört, neben dem Wissen über die Bedeutung von Gender auch Kenntnis über konkrete Gender-Aspekte in Sachgebieten. Einige Instrumente unterstützen die Beschäftigten dabei, sich entsprechendes Gender-Wissen anzueignen. Dieser Prozess wird durch folgende Schritte effektiviert:
  • gender-bezogene Fortbildung zu Sachgebieten anbieten
  • Teamarbeit fördern
  • Beteiligungsformen nutzen (z.B. Hearings mit Gender-Expertinnen bzw. -Experten und gleichstellungspolitischen Akteuren, bzw. Akteurinnen)

Können

Gefühl der Überforderung:
Die Anwendung von Gender Mainstreaming im eigenen Arbeitskontext ist für die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ungewohnt. Wenn die Beschäftigten sich mit dieser neuen Aufgabe überfordert fühlen, brauchen Sie sinnvolle Unterstützung. Mögliche Maßnahmen sind:
  • „training on the job“ ermöglichen, um den Beschäftigten anhand eigener Vorhaben konkrete Erfahrungen mit den GM-Instrumenten der Bundesregierung zu vermitteln. (z.B. Workshops “GM konkret” des GenderKompetenzZentrums)
  • Fortbildung zu Handlungsfeldern anbieten
  • Instrumente kommunizieren


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SL
erstellt von Administrator zuletzt verändert: 02.01.2010 20:07