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GM und Gleichstellungspolitik

Gender Mainstreaming und Gleichstellungspolitik

 

Ziel von Gleichstellungspolitik ist die gleiche Verteilung von Ressourcen und die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern auf allen Ebenen und in allen Bereichen der Gesellschaft. Zu ihrem Handlungsrepertoire gehören insbesondere Unterstützungs- und Fördermaßnahmen wie beispielsweise Frauenförderung sowie Antidiskriminierungsmaßnahmen, um genderspezifische Diskriminierungen abzubauen und Chancengleichheit herzustellen. Im Rahmen der Gleichstellungspolitik geht es um die institutionelle Verankerung von Gleichstellung auf politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene.
Entwicklungen in der Gleichstellungspolitik sind in der Bundesrepublik vor allem auf die Neue Frauenbewegung zurückzuführen und in den zurückliegenden Jahren zunehmend auch auf die europäische bzw. internationale Politik. Staatliche Gleichstellungspolitik hat sich lange Zeit in Reaktion auf gesellschaftliche Forderungen konstituiert. Eine aktive Rolle des Staates ist erst seit Ende der 90er Jahre mit der Strategie Gender Mainstreaming zu erkennen. Mitte der 70er Jahre begann die Institutionalisierung von Gleichstellungspolitik mit den ersten Landesfrauenbeauftragten, die sich in den 80er Jahren auf nationaler und kommunaler sowie betrieblicher und universitärer Ebene fortsetzte. Das primäre Ziel dieser Politik bestand in der Erhöhung der Frauenanteile auf den verschiedenen Ebenen der Gesellschaft. Diese Politik kollidierte mit einem eher konservativen Geschlechter-Regime.


So war die Politik der Bundesregierung bis in die 70er Jahre an einem ehezentrierten Familienbild orientiert. Forderungen nach einer gleichstellungsorientierten Veränderung der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung in Erwerbstätigkeit und Familie konnten sich daher im staatlichen Kontext nur schwer entwickeln. Diese Ausrichtung auf das Ernährermodell änderte sich seit Mitte der 70er Jahre nur langsam und ist in vielen institutionellen Regelungen (Ehegattensplitting, Steuerklassen, Familienmitversicherung) bis heute prägend. Die politische Situation ist daher nach wie vor gekennzeichnet von einem starken Gegensatz unabhängiger Frauenpolitik und staatlicher Familienpolitik, der wechselseitige Synergien erschwert. Der Staat wird in der Bundesrepublik somit bis heute kaum als (möglicher) Motor für Gleichstellungspolitik wahrgenommen.


Demgegenüber war die Gleichstellung von Frauen und Männern in der DDR als offizielles Staatsziel verankert und mit konkreten Maßnahmen ausgestaltet. Im Bereich der Erwerbsarbeit sollten Frauen den Männern gleichgestellt und die Vereinbarkeit von Mutterschaft und Berufstätigkeit ermöglicht werden. Dazu wurden erhebliche politische Anstrengungen unternommen. Diese Gleichstellungspolitik war jedoch zunächst Frauenerwerbs-, dann Ausbildungs- und Qualifizierungs- schließlich Familienpolitik mit dem Fokus auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Frauen (sogenannte „Muttipolitik“). Männer wurden in der Regel nicht bzw. erst sehr spät in diesem Politikfeld mit einbezogen. Es lässt sich hier von einer frauenzentrierten Gleichstellungspolitik sprechen, die einerseits eine hohe Arbeitsmarktintegration von Frauen und damit deren ökonomische Unabhängigkeit befördert, andererseits die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung in der Reproduktionssphäre jedoch kaum angetastet hat.
Die staatliche Gleichstellungspolitik unterliegt klaren rechtlichen Regelungen. Der Staat soll nach geltendem Rechtsverständnis keine bestimmte Lebensweise vorschreiben, sondern ist angehalten, weder Vor- noch Nachteile für bestimmte Lebensumstände zu gewähren. Auf europäischer Ebene verpflichtet der Amsterdamer Vertrag die Gemeinschaft, in allen Bereichen die Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern. Die staatlichen Akteure in der Bundesrepublik sind nach Art. 3 (2) GG zur tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und damit zur Gleichstellung verpflichtet. Hierzu dienen gleichstellungsorientierte Maßnahmen ebenso wie gezielte Fördermaßnahmen, wobei faktische Nachteile durch begünstigende Regelungen ausgeglichen werden dürfen, um Chancengleichheit herzustellen.
Dieses Bündel rechtlicher Grundlagen soll politische, wirtschaftliche und administrative Akteure zur Umsetzung verpflichten. Während diese Regelungen im öffentlichen Bereich nicht zuletzt mit der Einführung von Gleichstellungsbeauftragten und des Inkrafttretens des Bundesgleichstellungsgesetz eine hohe Verbindlichkeit erreicht haben, überwiegen in der Privatwirtschaft freiwillige Vereinbarungen. Die auch für den privatwirtschaftlichen Bereich gültigen europäischen Antidiskriminierungsrichtlinien sind von der Bundesrepublik auf der nationalen Ebene noch nicht umgesetzt worden. Einige politische Akteure wie beispielsweise die Gewerkschaft Ver.di und die Heinrich-Böll Stiftung mit ihrem Leitbild der Geschlechterdemokratie haben eigene Gender-Konzepte entwickelt.
Die Strategie GM ist ein neuer Ansatz in der Gleichstellungspolitik. Mit ihrer Hilfe soll eine gleichstellungsorientierte Handlungsweise auf allen Ebenen und in allen Bereichen von Politik und Verwaltung verankert werden. Gleichstellungspolitik kann folglich als der übergreifende politische Rahmen für Gender Mainstreaming angesehen werden.

Die internationale Gleichstellungspolitik wird seit der 4. Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking stärker verzahnt (Siehe Geschichte von Gender Mainstreaming auf internationaler Ebene, Gleichstellungspolitik in den Vereinten Nationen sowie Gleichstellungspolitik in der EU). Dort haben 189 Staaten ein gemeinsames Programm zur Gleichstellung von Frauen und Männern im Konsens angenommen. Unter dem Stichwort „Peking plus 10“ berichtet u.a. die Bundesregierung über nationale Maßnahmen zur Gleichstellungspolitik. Ende 2005 ist der 1. Datenreport zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Bundesrepublik Deutschland erschienen.

Literatur und Links

Gender Lecture mit PD Dr. Angelika Wetterer: "Gleichstellungspolitik und Geschlechterwissen – Facetten schwieriger Vermittlungen"

erstellt von Administrator zuletzt verändert: 22.04.2010 13:53